In der dieswöchentlichen Sidra wird uns erzählt, dass Noach von jeder Tiergattung ein Paar in die Arche kommen ließ, und außerdem noch eine zusätzliche Zahl von koscheren Tieren und Vögeln, und zwar damit er vor diesen G-tt später Opfer darbringen konnte. (Raschi zu Genesis 7, 2). Als er nach dem Herabsinken der Flut die Arche wieder verließ, führte er diesen seinen Vorsatz aus, wie es in der Tora heißt: "Und Noach errichtete dem Ewigen einen Altar ... und brachte Brandopfer auf dem Altare dar" (Genesis 8, 20).

In der vorwöchentlichen Sidra (Bereschit) finden wir einen zum Nachdenken veranlassenden Vorfall bezüglich Korbanot (Opfer). Dort berichtet die Tora (ibid. 4, 3-4; siehe auch Raschi z. St.), dass Kain und Abel beide ein Opfer dem Ewigen darbrachten. Abel, ein Hirt, wählte die besten Tiere seiner Herde für das Opfer, während Kain, ein Landwirt, einige mittelmäßige Bodenerzeugnisse darbrachte. Der Herr nahm Abels Opfer an – aber Kains Opfer verwarf er.

Bemerkenswert an dieser Episode ist die Tatsache, dass die Früchte von Kains Arbeit, wiewohl er sie freiwillig darbot, von G-tt aus dem Grunde nicht angenommen wurden, weil er nicht von den besten gewählt hatte! Dort wo Maimonides diese Episode von Kain und Abel erwähnt, schreibt er dazu (Hilchot Issure Misbeach, Ende): "Wenn jemand einem Armen zu essen gibt, so soll er das Köstlichste seiner Tafel bieten; mit seinen besten Kleidungsstücken soll er den Nackten kleiden; und wenn er ein G-tteshaus baut, so soll er es schöner als sein eigenes Heim gestalten – wie geschrieben steht (Lev. 3, 16): '... all das Beste geht an den Ewigen'."

So ist denn auch der beste Teil eines jeden Tages der Anfang, die Morgenstunden, wenn man frisch und ausgeruht ist; und diese Stunden sind es, die dem Gebete und dem Studium gewidmet sein sollten. Sobald der Jude erwacht, erkennt er G-tt als seinen Schöpfer an, indem er das "Mode Ani" sagt. Danach stellt er sich zum Gebet vor seinen G-tt. Gleich darauf beschäftigt er sich mit dem Tora-Studium (und sei es auch nur auf kurze Zeit); und erst dann, nachdem er sein Bestes G-tt gegeben hat, beschäftigt er sich mit seinen weltlichen, materiellen Angelegenheiten.

Als zum Beispiel die ersten jüdischen Tagesschulen in den Vereinigten Staaten gegründet wurden, kam die Frage auf, welcher Teil des Tages für das Tora-Lernen und welcher für die allgemein weltlichen Fächer bestimmt werden sollte. Der frühere Lubawitscher Rebbe s. A. bestand darauf, dass das Tora-Studium der Kinder auf die erste – und daher beste – Tageshälfte gelegt wurde, denn (s. oben) "... all das Beste geht an den Ewigen".

Dieses Prinzip gilt für die Tage und Jahre unseres Lebens allgemein. Die besten Jahre des Lebens sollten G-tt gewidmet sein. Es ist nicht richtig (wie manche denken), dass man das Studium der Tora auf sein Alter verschiebt und erst dann sich vornimmt, die Synagoge zu besuchen und an Unterrichtsstunden teilzunehmen. Die besten Jahre des Lebens sind die Jahre der Kindheit und der frühen Jugend. Da spürt man noch nicht das Joch des Erwachsenenalters und seiner Verantwortungen: Geschäftssorgen gibt es noch nicht; und die Jugend ist auch frei von Familiennöten und den Lasten des gesellschaftlichen Lebens. Diese sorgenfreien Jahre der Jugendzeit – die besten Jahre – sollten daher zum Studium von G-ttes Tora und Mizwot genutzt werden.