Die "schlimmen Wasser" der Flut – ein wesentliches Thema der dieswöchigen Sidra Noach – kamen von zwei Seiten (Genesis 7, 11): "T'hom rabba" (gewaltiger Abgrund) und "Aruwot Haschamajim" (Schleusen des Himmels). Ganz ähnlich lassen sich die Unruhen und Sorgen, wie sie den Menschen plagen, auf zwei Ursachen zurückführen.

"T'hom rabba", als Begriff, schließt all die Ängste in sich ein, die sich aus den niedrigen Dingen des materiellen Lebens ergeben; das wären, zum Beispiel, Sorgen um das tägliche Brot und ähnliches. Der Begriff von "Aruwot Haschamajim", demgegenüber, steht im Zusammenhang mit geistigen Ängsten, wie zu. Beispiel Sorgen um das Gemeinwohl usw. Auch diese zweite Gruppe ist, ungeachtet der hohen und idealistischen Zwecke, die damit verfolgt werden, dazu angetan, dem Tora-Studium und der Einhaltung der Mizwot Schwierigkeiten zu bereiten.

Es ist in der Tat notwendig und geboten, dass man sich dem Gemeinwohl widmet; aber gleichzeitig muss man darauf achten, dass derlei Betätigung mit dem Tora-Studium und der Beobachtung der Gebote nicht in Gegensatz treten. Gerade die Mizwot sind es doch, die zu dem in der Tora angepriesenen Zustand führen (Deut. 4, 4): "Und ihr, die ihr dem Ewigen, eurem G-tt, anhaftet, seid alle heute am Leben." Die Gebote binden diejenigen, die sie befolgen, an G-tt, und durch dieses "Anhaften" erhalten Seine Getreuen eine g-ttliche Lebenskraft. Sollten sie es jedoch an dieser Innehaltung der Mizwot ermangeln lassen, was nützt dann schon all diese Arbeit für die Gemeinschaft, wenn gleichzeitig die Vorschriften des Schulchan Aruch nicht befolgt werden?

Man stößt häufig auf eine Selbstrechtfertigung und in der Tat eine Selbstgerechtigkeit gerade unter Leuten, die sich mit den "Schleusen des Himmels" abgeben, also mit höheren, geistigen Angelegenheiten; dennoch ist diese eine ganz gar trügerische Einstellung. Ihr Argument, wie sie es vorbringen, stammt nicht aus der g-ttlichen Seele, sondern im Gegenteil aus einem niedrigen Instinkt. Wenn diese Art von Einsatz für die Gemeinschaft das Tora-Studium einschränkt oder die Beobachtung der Vorschriften des Schulchan Aruch behindert, dann zeigt sich sehr deutlich, dass es alles andere als eine geheiligte Aufgabe ist, die sie damit verfolgen.

Jemand, der sich so verhalt, wird früher oder später zu Fall kommen; und er könnte, G-tt behüte, so weit fallen, dass die "Aruwot Haschamajim" zu "T'hom rabba" werden, die "Schleusen des Himmels" zum "gewaltigen Abgrund"!

Das Gegenmittel gegen die "Wasser der Flut", ob sie nun den einen Ursprung – "oben" – oder den anderen – "unten" – haben, ist (Genesis 7, 1): "Komm … in die Arche (hebr.: Tewa)." Der Baal Schem Tov s. A. hat erklärt, dass dieser Ausdruck "Tewa" einen direkten Bezug auf die Worte von Tora und Gebet hat ("Tewa" bedeutet bekanntlich auch "Wort"). "Komm in die "Tewa" besagt damit, dass man in die "Worte" von Tora und Gebet "eintreten" soll, damit man von ihnen ganz umgeben ist. Dann kann man versichert sein, dass man von keinen Fluten überschwemmt wird, und "Noach, der gerechte Mann" (Genesis 6, 9), wird unversehrt erhalten bleiben, zusammen mit den Mitgliedern seines Haushaltes.

Das also ist die Bedeutung von "Komm in die Tewa": Wenn man als Grundlage der Wahrheit anerkennt, dass diese "Worte" von Tora und Gebet die eigentliche Realität darstellen und dass alles andere ihnen untergeordnet sein muss, dann ist auch die Beschäftigung mit physischen Belangen und Interessen eine Form von Awoda (G-ttesdienst) oder zumindest dieser Awoda dienstlich und förderlich. Denn schließlich braucht der Mensch einen gesunden Körper, um regelrecht "funktionieren" zu können.

So besteht in der Tat die einzige Methode, sich vor den Flutwassern zu retten, ganz gleich, ob diese nun "T'hom rabba" oder "Aruwot Haschamajim" sind, in dem Prinzip von "Komm in die Tewa".