Viele von uns sind zweisprachig aufgewachsen: mit ihrer Muttersprache und mit der Sprache ihrer Umgebung.
Vergleichen Sie das mit den üblichen Unterrichtsmethoden in der Schule. Zuerst lernt man einfache Wörter, dann ein wenig Grammatik und dann einfache Sätze. Wenn die Sprache mit einem anderen Alphabet geschrieben wird, lernen die Schüler zuerst die Buchstaben. Sie lernen Schritt für Schritt, wie ein Kind, das gehen lernt.
Aber so lernen Kinder eine Sprache nicht! Die Buchstaben, die Grammatik, die Struktur kommen erst viel später, lange nachdem das wunderbare Gehirn des Kindes sich die Sprache zu eigen gemacht hat und damit Gedanken ausdrückt. Oft versteht ein dreijähriges Kind die Regeln der Grammatik schon gut und wendet sie an, obwohl es sie nicht formulieren könnte.
Darum haben Linguisten die “Intensivmethode” entwickelt. Dabei lernt man eine Sprache so, wie ein Kind sie zu Hause lernt: indem man normale Gespräche im Zusammenhang mit normalen Tätigkeiten hört.
Der Wochenabschnitt Ki Tawo enthält das Gesetz der Bikurim, der ersten Früchte, welche die Juden sofort nach der Ankunft “im Land, das der H-rr, euer G-tt, euch geben wird” bringen mußten. Kurz bevor sie ins Gelobte Land einzogen, erhielten sie Anweisungen, wie sie damit umgehen sollten. Dabei handelte es sich nicht nur um landwirtschaftliche und botanische Regeln (obwohl auch diese sehr weise waren), sondern auch um eine Art “Intensivtraining”.
Die Juden sollten das Land nämlich “besiedeln und bebauen”. Damit wird betont, daß es nicht genügte, nur dort zu leben. Die Weisen sagen: “Ein teilweiser Einzug ist gar keiner.” Wenn ein Mensch etwas nachlässig tut, ist sein Tun nicht wirklich ein Teil von ihm. Aber wenn er in eine Sprache, in ein Land oder in die Spiritualität ganz und gar “eintaucht”, werden er und sein Tun eins.
So sollte unser Verhältnis zur Tora und zu den Mizwot sein. Wenn wir die Tora lesen und die Mizwot befolgen, können wir beides “schülerhaft” und ohne echte Hingabe erledigen - wir “tun unsere Pflicht”, so wie man es uns beibringt.
Aber wahre Freude erleben wir erst, wenn wir Tora und Mizwot mit unserer Seele verweben, wenn wir “in sie eintauchen”. Nur so können wir “die Sprache G-ttes lernen”.
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