Haben Sie sich heute Morgen die Zähne geputzt? Wahrscheinlich. Fast gewiss. Aber erinnern Sie sich noch an alle Einzelheiten - wie viel Zahncreme Sie benutzt haben, wie viel Uhr es war, was Sie dabei gedacht haben? Wahrscheinlich nicht. Warum? Weil es sich um eine Gewohnheit handelt. Sie tun es fast automatisch und so oft, dass ein Augenblick mit dem anderen verschmilzt und alle Momente so ähnlich und unauffällig werden, dass Sie sich nicht sämtliche Details merken. Warum auch?
Jetzt ändern wir die Szene. Sie fahren jeden Tag zur Arbeit und stellen Ihr Auto jedes Mal auf denselben großen Parkplatz. Sind Sie je aus dem Büro gekommen und haben sich gefragt: „Wo steht denn mein Auto?“ Dieser Morgen war allen anderen ähnlich, und Sie haben an wichtigere Dinge gedacht. Darum fällt Ihnen nicht mehr ein, wo Sie Ihr Auto abgestellt haben. In diesem Fall müssen Sie ein wenig achtsamer sein als beim Zähneputzen, einerlei wie oft Sie schon geparkt haben.
Wie viel wichtiger ist es dann, auf das Tora-Studium, das Gebet und die Mizwot zu achten!
Nichts davon darf Ihnen so zur Gewohnheit werden, dass Sie es automatisch tun. Es muss jedes Mal für Sie bedeutsam sein. Denn Sie sollen nicht auf derselben Stufe der Spiritualität stehen bleiben, sondern sich weiterentwickeln. Je engagierter Sie als Jude sind, je genauer Sie die Gebote und Rituale einhalten, desto mehr müssen Sie darauf achten, dass Sie nicht zum Roboter werden.
Im Wochenabschnitt Ki Tawo erinnert Mosche wieder einmal daran, wie sehr G–tt die Juden gesegnet hat, aber auch an die Strafe, die sie erwartet, wenn sie G–ttes Wort missachten. Wir haben das schon öfter gehört, aber es lohnt sich, noch einmal daran zu denken.
Die wichtigste Aussage kommt jedoch zum Schluss. Mosche sagt: „Ich habe euch vierzig Jahre durch die Wüste geführt.“ Obwohl die Juden in der Wüste lebten, nicht etwa im Gelobten Land, hatte G–tt sie bereits reich gesegnet!
Wir befinden uns in der gleichen Lage. Wir sind immer in der Wüste – in dieser Welt – und sind trotzdem gesegnet. Und das Gelobte Land – die spirituelle Ebene – liegt immer vor uns. Wie erreichen wir dieses Land? Indem wir die Segnungen und unser Leben nicht für selbstverständlich halten, und indem wir in jedem Augenblick begreifen, dass alles, was wir tun — auch das Tora-Studium, das Gebet und das Einhalten der Mizwot – keine Gewohnheit, sondern eine heilige Pflicht ist, die uns Freude macht.
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