Die moderne Gesellschaft hat Gurus aller Art hervorgebracht. Es gibt Experten für Kindererziehung, gesundes Essen und Unterhaltung. Viele Ratgeberbücher stehen auf Bestsellerlisten. Spezialisten beraten uns in allen Lebensbereichen. Ist da noch Platz für einen Rabbiner? Hat das Judentum wirklich etwas zu jedem Aspekt unseres Lebens zu sagen, oder sind die Rabbiner, die behaupten, zu allem eine Meinung zu haben, einfach nur aufdringlich? Sollen Rabbiner sich damit begnügen, die Tora zu unterrichten?

„Du, Jaakow, bist gut, so wie du bist. Ein Mann, der im alten Land aufwuchs.“Vor mehr als 3000 Jahren war unser Vorfahr Jaakow auf der Flucht. Weil sein Bruder Eisaw ihn töten wollte, versteckte er sich bei seinem Onkel Laban. Er arbeitete für ihn, heiratete seine Töchter und lebte recht bequem.

Aber er litt unter Labans Intrigen, und darum folgte er G-ttes Aufforderung, wieder nach Hause zu gehen. Mit seiner Familie und seinem Vieh brach er ins Heilige Land auf. Laban verfolgte ihn, und Jaakows Leben wurde nur durch G-ttes Hilfe gerettet. Laban warf ihm vor:

„Diese Töchter sind mein, und diese Kinder sind mein, und dieses Vieh ist mein“ (Gen. 31:43).

Was meinte er damit? Er hatte seine Töchter buchstäblich an Jaakow verkauft, der vierzehn Jahre lang für sie gearbeitet hatte. Und für die Herde hatte Jaakow weitere sieben Jahre hart gearbeitet.

Aber Laban war raffiniert. „Die Kinder gehören mir“, sagte er. „Du bist zuständig für die Tora und das Gebet. Was willst du mit den Kindern? Die gehören zu einer anderen Generation, in eine andere Welt. Sie brauchen eine moderne Erziehung, damit sie in unserer Gesellschaft überleben. Kannst du das mit deinen alten Methoden gewährleisten? Du bist ein guter Mann, aber lass die Kinder bei mir.

Und das Vieh gehört auch mir. Ich möchte mich nicht in dein spirituelles Leben einmischen, denn davon verstehe ich nichts. Schlag in deinen heiligen Büchern nach, wie man den Schabbat einhält oder Chanukka-Lichter anzündet. Aber hier geht es ums Geschäft. Kannst du mit Vieh handeln und dabei die Ethik des Talmuds befolgen? In der Geschäftswelt wird man dich fertig machen. Bleib in der Synagoge und im Studiersaal, aber tu dir selber einen Gefallen und lass das Vieh bei mir!“

Jaakow wehrte sich gegen Laban, so wie wir uns gegen den Laban in uns und in der Gesellschaft wehren müssen. Das Judentum hat über jeden Aspekt unseres Lebens etwas zu sagen, und seine Lehre muss für uns so wichtig sein, wie sie es für Awraham, Jizchak und Jaakow vor Tausenden von Jahren war.