Als Jaakow seinen Bruder Eisaw überlistete und sich von seinem Vater Jizchak segnen ließ, war Eisaw empört. „Er stieß einen lauten, bitteren Schrei aus und sagte zu seinem Vater: ‚Segne mich auch, Vater!‘ ... Und Eisaw erhob seine Stimme und weinte.“ Eisaw hatte sich viele Jahre lang auf diesen Segen gefreut und jahrzehntelang Frömmigkeit vorgetäuscht, damit sein Vater glaubte, er sei des Segens würdig. Er war niedergeschmettert, als er merkte, dass er, der gewaltige Jäger, von seinem frommen Bruder, dem „netten Burschen“, ausgetrickst worden war.
Es ist erstaunlich, dass ein Mörder, Vergewaltiger und Vielfraß unbedingt den Segen eines Zadiks erhalten wollte. Eisaw ging es nicht um eine große Erbschaft; schließlich war Jizchak alt und blind und hatte außer seinem Segen nichts zu bieten. Aber Eisaw war im Haus von Awraham und Jizchak aufgewachsen und wusste daher, wie wertvoll der Segen eines Zadiks war. Er war ein Jude, der Sohn einer jüdischen Mutter, und besaß somit eine jüdische Seele, die ihn mit einem starken Glauben an G-tt und das Übernatürliche erfüllte. Doch trotz seines „jüdischen Herzens“ führte er einen unmoralischen Lebenswandel, der allem widersprach, was er im Haus seines Vaters gelernt hatte. Er wusste, was richtig war, wollte aber nicht die Opfer bringen, die für ein ethisches, spirituelles Leben notwendig waren.
Darum sollte nach dem g-ttlichen Plan Jaakow und nicht Eisaw den Segen empfangen. Denn Jaakow war nicht nur in seinem Herzen ein Jude, sondern auch in seinen Taten. Mit dem Glauben allein können wir unseren Auftrag nicht erfüllen: G-ttlichkeit auf Erden zu verbreiten und die Welt zu einer Wohnung für G-tt zu machen. Nur wenn wir die Tora und die Mizwot wirklich praktizieren, können wir dieses Ziel erreichen.
Trotzdem haben viele für Eisaw Verständnis. Die meisten Menschen wissen, was richtig ist, doch oft fehlt ihnen die Willenskraft, um im täglichen Leben das Richtige zu tun. Wir müssen immer daran denken, dass wir des g-ttlichen Segens nur dann würdig sind, wenn wir die Tora und Mizwot in die Tat umsetzen. Der Glaube ist keine Folge unserer Mühe; er lebt von Natur aus in jedem Juden, dank unserer g-ttlichen Seele. Den Segen müssen wir uns verdienen. Nur harte Arbeit – die Anwendung des Glaubens im Alltag – macht uns für G-ttes Segen würdig.
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