Der neue Wochenabschnitt lehrt uns etwas sehr Praktisches: Wenn jemand ein Haus baut, soll er das Dach einzäunen, damit niemand herunterfällt (Deut. 22:8).

Das ist natürlich eine gute Idee. Wir sind verantwortlich für unsere Nachbarn und müssen auch auf unserem eigenen Grundstück für Sicherheit sorgen, damit andere nicht zu Schaden kommen.

Aber die Tora geht noch weiter. Der Vers enthält einen bemerkenswerten Satz: „Ki jipol hanofel mimenu“ („damit niemand hinunterfällt, der zum Fallen neigt“).

Warum sollen wir Vorkehrungen treffen, wenn bestimmte Menschen ohnehin fallen? Nun, dieses Gebot hat einen besonderen Grund.

Der Kommentator Raschi erklärt: Es mag der Wille G-ttes sein, dass jemand fällt – aber wir sollen nicht schuld daran sein.

Bei näherer Betrachtung handelt es sich hier um eine sehr wichtige Regel für alle Lebensbereiche. Wir sind oft versucht, andere zu übervorteilen, und die Ausrede lautet meist: „Er hat es ja so gewollt!“ Kinder plagen ein anderes Kind auf dem Spielplatz, weil sie es für ein „natürliches Opfer“ halten. Staaten verhalten sich ähnlich. Leider halten es viele Leute für normal, jemanden auszunutzen, der eine Schwäche hat.

Die Tora lehnt das ab. Manche Menschen fallen zwar ohnehin, aber wir müssen dennoch versuchen, sie davon abzuhalten, und dürfen nicht einfach zulassen, dass sie Opfer ihrer eigenen Schwäche werden. Wir dürfen solche Menschen nicht ausnutzen, sondern müssen tun, was wir können, um ihnen zu helfen.