Lieber Leser,

ein von den geistigen Führern von Lubawitsch aufgestellter Lehrsatz hat weite Verbreitung gefunden; er lautet: Schabbat Bereschit (also der Schabbat, an dem die erste Sidra, Bereschit, vorgetragen wird) hat Auswirkungen auf das ganze Jahr, und "Klang und Färbung" dieses Schabbats finden das Jahr hindurch ihren Niederschlag.

Dieser Grundsatz scheint einer näheren Erläuterung zu bedürfen, denn die Frage ergibt sich sofort: Warum sollte gerade dieser Schabbat diese besondere Dynamik besitzen? Warum sollte, zum Beispiel, ähnliches nicht für Schawuot gelten, den Tag der Offenbarung der Tora? Oder wären in der Tat alle Wochenabschnitte, in denen erst- und einmalig gewisse Gebote enthalten sind, nicht ebenso erheblich für das ganze Jahr? Worauf gründet sich die Ausnahmestellung von Schabbat Bereschit?

Die Antwort ergibt sich aus folgendem Gedankengang:

Im ersten Vers der Tora tritt der Begriff von "Erschaffen" (hebr. "Bara") auf, nämlich so: "Im Anfang erschuf (bara) G-tt Himmel und Erde", und das bedeutet: Erschaffen aus dem Nichts. Darin nun ist impliziert, dass der Schöpfungsakt notwendigerweise ein andauernder und anhaltender Vorgang ist, der sich in jeden Augenblick immer wieder ereignet. Es bedeutet daher, dass die Einzigartigkeit der "Sechs Tage der Schöpfung" – das ist der revolutionäre Wechsel aus dem ursprünglichen Nichts-Zustand in eine materielle Welt – etwas ist, das in jeden Augenblick seine Fortsetzung findet: Zu allen Zeiten gibt es ein Neu-Erstehen.

Schabbat Schalom