Schabbat Bereschit, der Schabbat, an dem die Sidra Bereschit in der Synagoge vorgelesen wird, ist immer der letzte Schabbat im jüdischen Monat Tischrei. Dieser Monat schließt sowohl den Rosch-Haschana-Feiertag wie das Simchat-Tora-Fest in sein ein; und so vereinigt sich in ihm die religiöse Anlässe, in denen alle Bedürfnisse des Juden für das kommende Jahr – die materiellen wie die geistigen – gewährt werden. Daher ist Tischrei der Monat, der dem Juden die Entschlusskraft gibt, welche dann gewährleistet, dass das ganze Jahr, in jeder möglichen Hinsicht, ein gutes sein wird.

Vollends in seine alltägliche Belange kann der Jude eigentlich erst nach Ende des Monats Tischrei den Geist von Jüdischkeit hineintragen; denn während dieses Monats selber ist er weitgehend nur mit den Feiertagen und den Vorbereitungen auf sie beschäftigt. Dann aber kommt der neue Ausblick: Seine Lebensweise das ganze folgende Jahr hindurch wird bestimmt und beeinflusst durch die Art und Form seiner Einstellung und Haltung im Verlauf der ersten sechs Arbeitstage nach Schabbat Bereschit. Deshalb sind gute Vorsätze die an diesem Schabbat gefasst werden, gleichfalls eine Vorbereitung auf das ganze Jahr.

Dieser Gesichtspunkt – dass also jemand gleich nach Tischrei erneut damit anfängt, sein tägliches Leben wieder unter den Einfluss von Jüdischkeit zu stellen – steht im Einklang mit dem bekannten chassidischen Prinzip, dass nach dem Monat Tischrei die Regel wieder einsetzt, die mit dem Tora-Vers angedeutet ist (Genesis 32, 2): "Und Jakob ging seines Weges." – an sich – sind zwei verschiedene Gesichtpunkte enthalten.

Oberflächlich betrachtet möchte es fast so scheinen, als sei der Weg eines Juden normalerweise nicht der Weg von "Recht und Gerechtigkeit" (Genesis 18, 19), der in der Tora als der Weg G-ttes bezeichnet wird, sondern vielmehr so, als ginge er eben "seines Weges". Das wäre also der Weg jeder Einzelperson, nach individuellem Gutdünken. Nachdem nun ein Jude im Laufe der Arbeitswoche größtenteils mit dem Erwerb des Lebensunterhaltes beschäftigt ist, und außerdem noch mit der Erhaltung seiner Gesundheit durch Essen, Trinken und dgl., sähe es beinahe so aus, als sei "sein Weg" bar jeder Heiligkeit und kein anderer als derjenige jeder anderen Person auch. Dies aber ist nicht der Fall. Denn ein wesentliches Merkmal seines ganzen Verhaltens ist und bleibt, dass der Jude "seines Weges" geht, das heißt, dass er seinem sehr spezifischen Wege folgt; und das ist der Weg (von Tora), den Jakob sowohl für sich selbst wie auch für alle Juden beschritten hat. Dies ist gewiss nicht vergleichbar mit dem Wege (als ausschließliche Konzentration auf Essen, Trinken, Geldverdienen usw.) anderer Menschen.

Nein, wenn ein Jude sich zum Essen und Trinken hinsetzt, dann sagt er erst einmal einen Segensspruch, in dem er G-tt für die Gewährung seines Unterhaltes dankt. Gleichermaßen verhält er sich beim Erwerb des Lebensunterhaltes: Er tut dies in ehrbarer und rechtschaffener Weise, damit er dadurch einem anderen nichts wegnimmt und ihm keinen Verlust verursacht.

So ist in jeder Phase des materiellen Lebens, bei jedem Schritt und Tritt, der Gesichtspunkt wesentlich, dass er "seines Weges" geht; das ist der Weg Jakobs. Letzten Endes allerdings hängt dieser ausschlaggebende Einfluss von Jüdischkeit auf alle Arbeit und Beschäftigung ab vom "Leben" in seinem Hause.

Wenn ein Heim erhellt ist von der "Leuchte der Mizwot und dem Lichte der Tora" (Sprüche Salomons 6, 23), also von dem Lichte, das uns allen von G-tt in der Tora gegeben worden ist, dann steht man des Morgens auf und beginnt den Arbeitstag mit neuer Energie, mit ruhigem Sinn und friedvollem Herzen, und ohne Beängstigung. Denn man kann sich auf G-ttes Versicherung verlassen, dass man seine Tagesaufgaben erfolgreich durchführen kann.

Die Gestaltung des jüdischen Heims gehört zu den besonderen Aufgaben und wichtigen Privilegien der jüdischen Frau. Diese Aufgabe obliegt nicht nur den verheirateten Frauen, sondern gleichfalls denjenigen, die sich gerade auf die Hochzeit vorbereiten sowie in der Tat sogar denjenigen, die noch ganz jung sind, deren Erziehung aber schon jetzt darauf abzielt, sie zur rechten Zeit zu den "Säulen und Stützen des jüdischen Hauses" zu machen.

Sie sind dazu berufen, den "Stil", also die gesamte Atmosphäre und die "Richtung" des Haushaltes zu bestimmen – für alle seine Mitglieder, demnach auch für den Gatten, die Söhne und die Töchter.

Und nicht nur dies allein, sondern sogar das Verhalten der Nachbarn hängt von der jüdischen Frau ab. Denn: Wenn die Nachbarn das gute Beispiel ihres Haushaltes vor Augen haben, wenn sie sehen, wie alles, das mit Jüdischkeit zusammenhängt, mit Befriedigung und Begeisterung ausgeführt wird, wenn ihnen einleuchtet, welch wahre Genugtuung aus dieser Lebensweise entspringt, und wie all dies G-ttes Segen herbeiführt, dann wird in ihnen der Wunsch wach, diesem Vorbilde nachzueifern.

Nachdem die geistige Vorbereitung für die sechs Arbeitstage jeweils auf den vorhergehenden Schabbat fällt, ist die Einführung in den Schabbat nachgerade den Frauen übereignet; durch das Zünden der Schabbatlichter leiten und empfangen sie die Heiligkeit von Schabbat ins Heim. Das vor Eintritt des Schabbat zu zündende Licht ist eine Mizwa (eine "Mizwa-Lampe"), aber als etwas so Vergeistigtes hat es – dennoch und zudem – seinen physischen Aspekt; denn beim Kerzenschein kann man immerhin sehen, wohin man tritt, wo man Gegenstände finden kann, und dgl. mehr. Mit anderen Worten: Das Licht dieser "Mizwa-Lampe" hat die Wirkung, dass man dadurch vom Stolpern, vom Fehltritt, bewahrt wird, sowohl im physischen wie im spirituellen Sinne.

Überdies essen doch alle am Tisch beim Scheine der Kerzen, die über ihnen angezündet worden sind. Das besagt, dass unter ihrem Glanze nicht nur die Segenssprüche von Kiddusch und Tischgebet rezitiert werden, sondern die bloße Mahlzeit selber ist erhellt durch das Licht der Mizwa, welche die Frauen ausgeführt haben.

Durch dieses Entzünden der Schabbat-Kerzen bringt die Frau also den Glanz und die Weihung von Schabbat in ihr Heim für die gesamte Dauer der 24 Stunden von Schabbat. Selbst dabei jedoch bleibt es noch nicht, sondern sie beeinflusst, weiterhin, den Schabbat-Ausgang am folgenden Abend, dadurch dass sie dafür gesorgt hat, dass der Übergang vom Schabbat in die Arbeitswoche dem Geiste entspricht, der im Verse zum Ausdruck kommt: "Und Jakob ging seines Weges".

Der Sohar (zu Genesis 48, 2) legt das folgende dar: Die allgemein akzeptierte Erklärung für diese Mizwa ist, dass durch das Zünden der Schabbat-Kerzen die jüdische Frau die Unzulänglichkeiten und Mängel wiedergutmacht, die Eva dadurch in die Welt gebracht hat, dass sie das "Licht der Welt", welches in Adam ruhte, getrübt und verdunkelt hat. Hinzu kommt, indessen, noch eine weitere Bedeutung.

Diese liegt darin, dass mit dieser Mizwa von Schabbat-Licht der Ewige den jüdischen Frauen das Verdienst und die Fähigkeit gegeben hat, drei Aufgaben zu erfüllen, und zwar:

  1. Heilige jüdische Kinder großzuziehen, die "die Welt erleuchten" werden.
  2. Frieden und Zufriedenheit in der ganzen Welt zu fördern, so wie die Schabbat-Kerzen den häuslichen Frieden vergrößern
  3. Die Länge und die Schönheit ihrer eigenen Lebensjahre zu mehren, wie die ihres Gatten, ihrer Kinder und ihrer Kindeskinder.