Der Lubawitscher Rebbe, Rabbi Menachem M. Schneerson, seligen Angedenkens, ist das siebte Oberhaupt der Chabad Dynastie. Man hat ihn als bemerkenswerteste Gestalt des Judentums unserer Tage beschrieben. Für seine hunderttausenden Anhänger und Millionen an Sympathisanten und Bewunderern weltweit ist er einfach "Der Rebbe" - die bedeutendste Gestalt des Judentums und zweifellos jene Persönlichkeit, die mehr als andere auf ganz besondere Weise das Bewusstsein und spirituelle Erwachen der Juden in aller Welt zu entzünden vermag.

Am 11. Nissan, 1902 im russischen Nikolajew geboren, ist der Rebbe Sohn des berühmten Kabbalisten und Talmudgelehrten, Rabbi Levi Jizchak und Rebbezen Chana Schneerson. Er ist Urenkel und Namensträger des dritten Rebben, Rabbi Menachem Mendel von Lubawitsch. (Seine Mutter, Rebbezen Chana, 1880-1964, bewies während der sowjetischen Verbannung ihres Mannes in einem entlegenen Dorf im asiatischen Teil Russlands legendäre Tapferkeit und erfinderisches Geschick. So experimentierte sie mit Feldpflanzen, um daraus Tinte herzustellen, mit der Rabbi Levi Jizchak seine Arbeit an Kommentaren zu Kabbala und anderen Themen der Tora fortsetzen konnte). Der Rebbe wurde nach seinem Ur-Großvater, dem dritten Lubawitscher Rebbe, Rabbi Menachem Mendel von Lubawitsch, genannt, mit welchem er viele Eigenschaften teilte.

Leben retten: Aus den jungen Jahren des Rebben erzählt man sich eine Geschichte, die fast symbolisch ist für all das, was später geschehen sollte. Als er neun Jahre alt war, sprang der junge Menachem Mendel todesmutig ins Schwarze Meer und rettete das Leben eines kleinen Jungen, der vom Deck eines Schiffes gestürzt war. Das Gespür dafür, wann das Leben anderer in Gefahr ist, scheint sein Bewusstsein von jeher bestimmt zu haben. Das Gespür für das Versinken der Juden in Assimilation, Unwissenheit oder Entfremdung ohne daß jemand ihren Hilfeschrei hört. Juden an Universitäten, in isolierten Gemeinden, unter repressiven Regimes. Von frühester Jugend an zeigte er eine außergewöhnliche Verstandesschärfe. Zur Zeit seiner Bar Mizwa wurde der Rebbe als Illuj, als Toragelehrter angesehen. Seine Jugendjahre verbrachte er mit intensivem Torastudium.

Hochzeit in Warschau: 1929 heiratete Rabbi Menachem Mendel in Warschau die Tochter des vorherigen Rebben, Rebbezen Chaja Mussia. (Die Rebbezen, 1901 geboren, wurde von ihrem Vater, dem ehemaligen Rebben, ausersehen, ihn 1927 in die Verbannung nach Kostroma zu begleiten. Sechzig Jahre lang war sie die Frau des Rebben und starb am 22.Schwat, 1988). Er studierte später an der Universität von Berlin und dann an der Sorbonne in Paris. Es mögen jene Jahre gewesen sein, aus denen seine hervorragenden Kenntnisse in Mathematik, Medizin und Naturwissenschaften herrühren.

Ankunft in den USA: An einem Montag, den 28 Siwan, 5701 (23. Juni, 1941) kamen der Rebbe und die Rebbezen in den USA an, nachdem sie durch die Gnade des Ewigen auf wundersame Weise dem Holocaust entronnen waren. Der Tag markiert den Beginn bahnbrechender Bemühungen, Tora und jüdisches Wissen allgemein und chassidische Lehren im besonderen zu verbreiten. Dies durch die Einrichtung dreier zentraler Lubawitscher Organisationen unter Führung des Rebben: Merkos L'Inyonei Chinuch (Zentrale Organisation für Jüdische Erziehung), Kehot Publication Society und Machne Israel, einer Agentur für Sozialdienste. Kurz nach seiner Ankunft begann der Rebbe damit, seine Anmerkungen zu verschiedenen chassidischen und kabbalistischen Abhandlungen zu schreiben zusätzlich zu einer großen Menge an Responsa zu Torabezogenen Themen. Nach Veröffentlichung dieser Werke war sein Genius in kürzester Zeit bei Gelehrten aus aller Welt anerkannt.

Seine Führung: Im Jahre 1950 stieg Rabbi Menachem Mendel Schneerson nach langem Überlegen zum Leiter der Lubawitscher Bewegung auf. Deren Hauptquartier befand sich in New York im 770 Eastern Parkway in Brooklyn und noch heute befindet es sich dort. Bald nahmen die Lubawitscher Institutionen und Aktivitäten völlig neue Dimensionen an. Die Philosophie von Chabad Lubawitsch und ihr Versuch, alle Menschen zu erreichen, konkretisierte sich mit der Eröffnung von Lubawitscher Zentren und Chabad Häusern in Dutzenden von Städten und an Universitäten auf der ganzen Welt.

Sein Dahinscheiden: Am Montagnachmittag (2. März, 1992) beim Gebet am Grab seines Schwiegervaters und Vorgängers erlitt der Rebbe einen Schlag, der seine gesamte rechte Seite lähmte und - was noch katastrophaler war - ihm die Sprache nahm.

Zwei Jahre und drei Monate später, in den frühen Morgenstunden des 3. Tammus, 5753 (12. Juni, 1994) stieg die Seele des Rebben zum Himmel auf und ließ eine ganze Generation verwaist zurück.

Seine Einzigartigkeit: Mit dem Rebben an der Spitze hat Chabad Lubawitsch weltweite Präsenz erlangt und all die verschiedenen Aktivitäten sind von seiner Vision geprägt, jenem kleinen Wunder von einst, bei dem sich viele fragen: "Worin liegt das Einzigartige seiner Führung? Warum hegen führende Persönlichkeiten unserer Zeit solch tiefen Respekt und Bewunderung für ihn?"

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Viele Führer erkennen die Not des Augenblicks und reagieren mit Mut und Weisungen. Das ist ihre Stärke - und sie ist bewundernswert. Andere sind, obwohl ihre Stärke nicht in der "unmittelbaren Reaktion" auf gegenwärtige Probleme liegen mag, mit der Fähigkeit gesegnet, klar vorherzusehen, was der Morgen bringen wird und wie man ihm am besten begegnet. Andere wieder zeichnen sich in einem dritten besonderen Bereich aus. Sie besitzen ein scharfsinniges Gespür für Geschichte und Tradition und ihr Rat und ihre Führungsleistung wird durch großes Feingefühl für die Vergangenheit geformt.

Der jedoch, der alle drei Qualitäten besitzt, ist wahrhaft einzigartig und überragt all diese Führungstypen. Ein solcher war der Lubawitscher Rebbe - die Inspiration und der Motor hinter dem Erfolg von Lubawitsch heute. Er strahlte ein scharfes Gespür für die Dringlichkeiten aus, er verlangte seinen Anhängern viel ab und noch mehr sich selbst - der Rebbe führte vor allem durch sein Beispiel.

Aktion, nicht Reaktion: Er war eine seltene Mischung aus prophetischem Visionär und pragmatischem Führer, der die tiefe Einsicht in die Not der Gegenwart des jüdischen Volkes mit einer breiten Vision von dessen Zukunft verband. In gewisser Hinsicht zeichnete er den Kurs der jüdischen Geschichte vor - er reagierte nicht nur auf Ereignisse der Gegenwart, sondern initiierte sie auch. Dabei war der Rebbe neben enzyklopädischem Wissen von inspirierter Einsicht und Vorhersicht geleitet, und alle seine Äusserungen und Schritte waren an allererster Stelle in unserer Heiligen Tora verwurzelt. Wieder und wieder stellte er unter Beweis, daß alles, was er auf den ersten Blick erkennen konnte, anderen Führern mit Klarsicht erst Jahrzehnte später auffiel.

Die besondere Rolle eines jeden Menschen: Von dem Moment an, da der Rebbe 1941 in Amerika anlangte, wurde seine begnadete Stärke offenbar, mit der er folgendem Ideal anhing: er wollte keine Trennung oder Teilung akzeptieren. Jeder Jude - eigentlich jeder Mensch - hat eine besondere Rolle im größeren Kontext der Dinge und ist ein integraler Bestandteil im Gewebe von G-ttes Schöpfung.

In den beinahe fünf kritischsten Jahrzehnte der jüngeren Gegenwart hat der Plan des Rebben, jede Nische der Welt mit Liebe und Sorge zu erreichen, dramatisch Form angenommen. Kein Bereich der jüdischen Gemeinschaft wurde ausgelassen, alle haben ihren Anteil daran - jung und alt, Mann und Frau, Gemeindeleiter und Laien, Gebildete und Arbeiter, Schüler und Lehrer, Kinder und sogar Säuglinge.

Er besaß die schier unglaubliche Fähigkeit, jeden Menschen auf dessen eigenem Niveau zu erreichen - er beriet Staatsmänner in Fragen von nationaler und internationaler Wichtigkeit und untersuchte mit Experten die Komplexitäten ihrer eigenen Arbeitsgebiete, sprach mit kleinen Kindern in warmen Worten und mit väterlichem Lächeln.

"Lebe Dein Potential!": Mit besonderer Einsicht erkannte er den Reichtum an Potential in jedem Menschen. Seine Inspiration stärkt die Selbstwahrnehmung des Einzelnen, entzündet das Bewusstsein für diesen verborgenen Schatz und motiviert den Wunsch, dieses Potential auszuschöpfen. Genauso sind viele Gemeinden durch die Botschaft des Rebben verändert worden und es ist ihnen - direkt oder indirekt - ein neuer Daseinszweck und neues Selbstvertrauen gegeben worden. Jeder Begegnung wohnt die selbe starke, wenngleich stille Botschaft inne: "Dir sind von G-tt enorme Kräfte und enorme Energie verliehen worden - lebe sie aus!".