In der dieswöchigen Sidra heißt es (Deut. 8, 3): "Und er speiste dich mit, dem Manna, das du nicht gekannt hattest, und das auch deine Väter nicht gekannt hatten."
Welch ein großer Unterschied bestand doch zwischen dem "Brot vom Himmel" (diesem Manna, das für die Israeliten während der 40 Jahre in der Wüste vom Himmel herunterkam) und dem gewöhnlichen "Brot aus der Erde"! Um Brot aus der Erde hervorzubringen, bedarf es schwerer Mühe und harter Arbeit – Pflügen, Säen, Ernten, Mahlen, Kneten, Backen usw. Und wie alle anderen Nahrungsmittel kann auch dieses Endprodukt – das mühselig hergestellte Brot – nicht völlig vom menschlichen Körper verarbeitet werden; vielmehr wird ein Teil davon vom Körper als unverdaulich abgestoßen. Das Manna dagegen, das "Brot vom Himmel", wurde den Israeliten ohne jegliche Mühewaltung gewährt; und es wurde vollständig verdaut (s. Talmud, Joma 75b).
Wer konnte und durfte dieses edle Brot essen? Ganz Israel: Gerechte, Durchschnittsmenschen und sogar die Sünder. Bemerkenswert ist, dass das Manna auch dann nicht seiner besonderen Eigenschaften verlustig ging, wenn es von einem Bösewicht verzehrt wurde; auch dann wurde nichts davon vom Körper als unbrauchbar abgestoßen. Im Gegenteil, es trug bei allen gleich zu ihrer Veredelung bei. (Zu beachten ist, dass der Schabbat als Ruhetag sich ganz ähnlich auf alle Juden auswirkt; und so finden wir in der Tat unter den Schriften des großen Weisen R. Saadia Gaon die Aufzeichnung, dass jemand, der an einem Schabbat durch irgendeinen Umstand von der Umwelt so isoliert ist, dass er nicht weiß, welcher Wochenabschnitt gerade zur Verlesung kommt, das Kapitel lesen soll, das vom Manna handelt.)
Nun wird die Tora selbst "Brot" genannt, und im Bereiche von Tora-Wissen und Lernen kann man ebenfalls zwei unterschiedliche Sorten von "Brot" vorfinden. Der "enthüllte Aspekt" von Tora (Tanach, die Mündliche Lehre allgemein, Mischna, Talmud usw.) ist als "Brot der Erde" zu bezeichnen, und zwar wegen all der Arbeit und Mühe, die mit ihrem Studium verbunden ist: Fragen und Antworten, die Methode von Argument und Gegenargument, die alle zusammen erst das wahre Studium ausmachen. Demgegenüber ist der "innere Aspekt" von Tora (Mystik, Kabbala, Chassidismus usw.) als "Brot vom Himmel" anzusehen.
Wer darf dieses edle Brot zu sich nehmen? Wer darf diese mystische, vergeistigte, innere Weisheit der Tora lernen? Es gibt Leute, die behaupten, all diese Lehren, wie sie im Chassidismus verankert sind, seien nur für eine kleine Gruppe von "Erwählten", von sehr exklusiven Menschen bestimmt, und man brauche eine ganz besondere Vorbereitung, um an derartigen Studien teilnehmen zu dürfen.
Eine solche Behauptung ist jedoch nur ein neuer Kniff der "bösen Neigung" (des "Jezer Hara"), wodurch schon vor vielen Jahren der Wert des Chassidismus als solcher in Frage gestellt worden war. Heute, da wir am Vorabend des Kommens des Maschiach stehen, sind derartige Angriffe größtenteils verstummt, und so hat sich der "Jezer Hara" auf neue Taktiken verlegt, nämlich eben die Behauptung, die mystische Weisheit sei für die Massen zu dunkel und zu tiefgründig, und dergleichen Aussagen mehr. Deshalb muss immer erneut darauf hingewiesen werden, dass der "innere Aspekt" von Tora, das "Brot vom Himmel", für alle da ist; und dem Manna gleich darf es selbst von Bösen verzehrt werden. Am Ende wird es diese dann veredeln und sie auf diese Weise der "Tschuwa" (Umkehr) näherbringen.
Diskutieren Sie mit