Die Sklavenarbeit des jüdischen Volks hatte ihren Beginn in der Herstellung von Lehmziegeln. In der Thora heißt es: Und sie verbitterten ihnen das Leben, durch harte Arbeit in Lehm und Ziegeln und in allerlei Arbeit auf dem Felde.1 Darauf erklärt der Talmud: „Zu Beginn – Lehm und Ziegel; zum Schluss – jede Arbeit auf dem Feld.“2
Auch der Midrasch bindet den Beginn des Frontdienstes an die Herstellung von Ziegeln. Zuerst brachte der Pharao die Kinder Israels dazu, freiwillig zu arbeiten. Er nahm Lehm und Werkzeug und formte selbst Ziegeln, während er sie um ihre Hilfe bat. Wie konnten sie ihm diese verweigern? Und so begannen sie, aus Respekt vor dem Pharao, intensiv zu arbeiten. Doch am Ende des Tages befahl er ihnen: „Diese Menge von Ziegeln sollt ihr jeden Tag machen!“3
Selbst gemacht
Jedes Detail in der Thora hat auch eine tiefgründige Bedeutung. Was verbirgt sich dahinter, dass der Frontdienst mit der Herstellung von Ziegeln begann? Was unterscheidet diese Arbeit von anderen Arbeiten?
Die Aufgabe des Juden auf dieser Welt ist es, G-tt ein „Haus“ zu bauen, wie der Midrasch sagt: „Ihm ein Haus in dieser unteren Welt zu bauen.“4 Ein Haus kann man aus Steinen bauen, wie es beim Jerusalemer Tempel der Fall war, oder aus Ziegeln.
Der grundlegende Unterschied zwischen Steinen und Ziegeln ist: Steine sind ein Produkt der Natur, während Ziegeln vom Menschen hergestellt werden. Steine müssen vom Menschen nur noch bearbeitet (wie geschnitten und geschliffen) werden, doch die Steine an sich stellt er nicht her. Ziegeln hingegen sind etwas Neues, das der Mensch fertigt.
Von schlecht zu gut
Auch in der spirituellen Aufgabe des Juden gibt es diese zwei Bereiche: Sobald er jene Elemente, die es von Natur aus gibt, für den G-ttesdienst verwendet, baut er ein „Haus aus Steinen“ für G-tt. Er nimmt die „Steine“ (seine weltlichen Angelegenheiten) die er nicht herstellen musste und baut damit ein „Haus für G-tt“ (er benutzt die Weltlichkeit, um G-tt zu dienen).
Doch es gibt eine höhere Stufe des G-ttesdienstes. Der Jude gibt sich nicht damit zufrieden, nur die bereits bestehenden Sachen zu nützen, um G-tt zu dienen, sondern er stellt etwas gänzlich Neues her: Er erzeugt „Ziegel“ – er verwandelt Schlechtes in Gutes und Dunkelheit in Licht. Einige Beispiele aus verschiedenen Perspektiven dazu:
Die tiergleiche Seele des Menschen begeistert sich von Natur aus für körperliche Begierden. Dunkelheit in Licht zu verwandeln würde bedeuten, ihre Begeisterung zu körperlichen Begierden in Begeisterung zu Mitzwot umzuwandeln. Dadurch transformiert man die tiergleiche Seele und erschafft etwas gänzlich Neues, um G-tt zu dienen!
Jemand ist Besitzer eines unkoscheren Restaurants und macht nun ein koscheres Restaurant daraus. Dadurch wandelt er Dunkelheit in Licht. Jemand war nicht nur sündhaft, sondern hat auch andere zur Sünde verleitet. Nun macht er Tschuwa und bringt sogar aktiv andere zur Thora näher.
Die Transformierung
Und dies ist die tiefgründige Bedeutung dafür, dass die Sklaverei des jüdischen Volkes mit der Herstellung von Ziegeln begann. Die Thora deutet damit an, dass die vordergründige Aufgabe in der Galut (welche ihren Ursprung in der Sklaverei in Ägypten hat5) die „Herstellung von Ziegeln“ ist – die Umwandlung der Dunkelheit in Licht.
Diese Art von G-ttesdienst ist auch eine gute Vorbereitung für die vollkommene Erlösung, in welcher die Welt eine allgemeine Transformierung erleben wird. Während sie heutzutage „eine Welt der Lügen und der Unreinheit“6 darstellt, weil sie G-ttes Gegenwart verbirgt (dadurch resultiert auch, dass es Schlechtes auf der Welt gibt), wird sie zur vollkommenen Erlösung selbst zum Hauptwohnsitz G-ttes werden. Und sobald G-tt offenbar ist, verschwindet auch jegliche Form des Bösen; keine Kriege, kein Hunger usw. Und dies erreichen wir durch die harte Arbeit „in Lehm und Ziegeln!“
(Likutej Sichot, Band 6, Seite 13)
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