Zwei Verse in unserem Wochenabschnitt drücken die herausragende Bindung zwischen G-tt und dem jüdischen Volk aus: G-tt hast du heute als deinen G-tt anerkannt, dass du in Seinen Wegen wandelst und Seine Gebote befolgst1 und G-tt hat dich heute anerkannt, dass du Sein Eigentum bist und Seine Satzungen befolgst.2
Unser Wochenabschnitt wird immer im Monat Elul3 rezitiert. Die besondere Aufgabe in diesem Monat ist es, sich G-tt zu nähern. Dies wird auch in den hebräischen Anfangsbuchstaben von „Elul“ (אלול) gedeutet, welche für den Vers aus Schir HaSchirim4 stehen: Ich bin meines Geliebten und mein Geliebter ist mein5 (אני לדודי ודודי לי). Im Monat Elul soll der Mensch sich als erster an G-tt wenden (Ich bin meines Geliebten) und dann erst wird G-tt sich ihm zuwenden (mein Geliebter ist mein).
Auch die obengenannten Verse deuten darauf hin. Zuerst wenden wir uns an G-tt: Du hast G-tt anerkannt und danach wendet sich G-tt zu uns: Und G-tt hat dich anerkannt.
Auserkoren
Wenn wir uns diese Verse genauer anschauen, finden wir darin die Antworten auf Probleme, die ein Mensch bei der Konfrontation mit seinem Jezer Hara und seinen Verführungen hat:
Es kommt vor, dass bei einem Juden seine besondere Bindung zu G-tt in Vergessenheit gerät. Er vergisst über seine Aufgabe auf der Welt und nimmt sich seine jüdische Identität nicht zu Herzen. Das kann soweit gehen, dass er in seinem Erscheinen und Verhalten nicht anders als alle anderen Menschen wirkt.
Doch sobald der Monat Elul anbricht, die Zeit der Rückkehr zu G-tt, wird er zuallererst daran erinnert, dass er an den G-tt Israels gebunden ist: Du hast G-tt anerkannt... und G-tt hat dich anerkannt. Raschi erklärt dazu:6 „Anerkannt“ bedeutet hier „abgesondert“.
Man ruft dem Juden ins Gedächtnis: Du bist von allen Völkern abgesondert worden, denn du bist immer an G-tt gebunden!
Nicht nur auf dem Papier
Doch der Jezer Hara könnte dem Juden einreden, dass er, obwohl auserkoren von allen Völkern, sehr wohl seinen Begierden nachlaufen kann. „Deine Bindung zu G-tt steht nicht im Widerspruch zu den Genüssen dieser Welt“, verführt ihn der Jezer Hara. „G-tt gehört zur spirituellen Seite deines Lebens, weltliche Genüsse zu deiner körperlichen Seite.“
Darauf kontert die Thora: Und G-tt hat dich heute als sein Eigentum anerkannt! Die Verbundenheit des Juden zu G-tt ist nicht nur ein Etikett, sondern eine innere, seelische Bindung, die sein ganzes Leben durchdringt. Er gehört voll und ganz G-tt, seine Gedanken, sein Herz und sein Körper. Für ihn gibt es nichts anderes außer G-tt. Somit ist verständlich, dass er all sein Interesse und all seine Gefühle auf G-tt fokussiert.
Ausdrucksstark
Doch auch die Erkenntnis über eine solch starke Bindung mit G-tt führt nicht unbedingt zu Taten. Sogar starke Gefühle zu G-tt und zur Thora können in theoretischen Ebenen verbleiben und zu keiner einzigen Tat führen. Ein Jude kann großen Stolz für seine jüdische Identität empfinden, sich sehr stark jüdisch fühlen und dennoch fühlt er sich in keiner Weise verpflichtet, seinen großen Gefühlen im Alltag einen praktischen Ausdruck zu geben.
Die Wahrheit ist aber: Solange man seinen inneren Kräften keinen praktischen Ausdruck gibt, weiß man gar nicht, wie ehrlich es damit ist. Deshalb betont die Thora weiter: Und dass du in Seinen Wegen wandelst und Seine Gebote befolgst!7 Das Gefühl, zu G-tt zurückkehren zu wollen, muss in Taten im Alltag übersetzt werden!
Dieser Ablauf wird auch in dem Psalm-Kapitel 27,8 das viele in dieser Zeit täglich rezitieren, angedeutet. Zuerst ist die Rede von der eigentlichen Bindung: G-tt ist mein Licht und meine Rettung. Dann folgt der starke Wille, sich Ihm zu nähern: Eines wünsche ich von G-tt, dass ich bleiben möge im Haus G-ttes. Abschließend kommt der praktische Ausdruck: die Anmut G-ttes zu erblicken und Seinen Tempel aufzusuchen.
(Likutej Sichot, Band 9, Seite 169)
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