I. In dieser Parascha geht es um die Mizwa, Bikurim (Erstlingsfrüchte) darzubringen.1 Die Bikurim mussten vom Besten2 sein, das unser Heiliges Land – möge es in unseren Tagen durch unseren gerechten Maschiach schnell wieder aufgebaut werden – hervorbrachte, als es ein „Land war, in dem Milch und Honig fließen“. Sie mussten auch von den allerersten Früchten sein, bevor man sie für sich selbst nahm.3 Sie wurden zum Bet haMikdasch (Heiligtum)4 gebracht, um dem Allmächtigen für den Segen dieser Produkte zu danken.5 Bikurim waren nicht wie andere Opfergaben, die auf dem Altar im Feuer dargebracht wurden, sondern wurden den Kohanim (Priestern) gegeben.6
Diese Mizwa gibt Richtlinien zu zwei gegensätzlichen Aspekten:
a) Der Ertrag und die Früchte des Landes entstehen nach dem Pflügen und Säen und all den anderen Arten der Arbeit, die zu ihrem Wachstum beitragen. Die ersten und besten von ihnen wurden nicht für sich selbst genommen. Sie wurden zu einem Gegenstand der Heiligkeit gemacht, indem man sie den Kohanim gab. Zweifelsohne mag dies manchmal einen Einwand hervorrufen: Es ist viel Mühe und Arbeit nötig, um diese Früchte zu erzeugen. Wenn also ein Teil für heilige Zwecke gegeben wird, warum muss es dann ausgerechnet das Beste und Feinste sein? Wenn man jedoch darüber nachdenkt, wird man erkennen, dass diese Art der Frage nur dann aufkommen kann, wenn man nicht glaubt, dass die Früchte des Landes von dem stammen, „was Du, Ewiger, mir gegeben hast“7, und man sich einbildet, dass „meine eigene Kraft und die Macht meiner eigenen Hand mir all diesen Wohlstand beschert hat.“8 Wenn man über diese Angelegenheit nachdenkt, wird man sehen, dass dies eine Herangehensweise ist, die dem einfachen Glauben zuwiderläuft, der allen Juden ohne Ausnahme innewohnt, allerdings muss dieser Glaube auch nach außen bis zu dem Punkt umgesetzt werden, an dem er das tägliche Leben beeinflusst.
b) Dieselbe Mizwa lehrt uns auch, dass diese Früchte nicht auf dem Altar des Bet haMikdasch im Feuer dargebracht werden. Sie werden einem Kohen gegeben, der sie in Übereinstimmung mit den Gesetzen bezüglich der Bikurim verwenden soll, wie zum Beispiel sie zu essen und so weiter. So kann sogar das physische Vergnügen, nach angemessener Vorbereitung und Selbstheiligung – [wodurch man sozusagen zu einem „Kohen“ wird], in Heiligkeit geschehen (indem man sie zum Bet haMikdasch bringt und so weiter) und um G-tt zu dienen, indem man die Früchte isst, genauso wie man G-tt mit anderen Opfern dient, die im Bet haMikdasch im Feuer dargebracht werden – wie ein Olah (Brandopfer) und ähnliches.
Dies ist eines der grundlegenden Prinzipien der Lehren der Chassidut: Man kann und muss G-tt nicht nur beim Beten und Tora-Studium dienen, sondern auch beim Essen und bei der Erledigung von Geschäften.9 Natürlich erfordert diese Form des Dienstes an G-tt eine intensivere Vorbereitung, aber dafür ist die Belohnung entsprechend größer.
Dieser Aspekt der Mizwa von Bikurim gilt auch in der Zeit der Galut, sogar außerhalb des Landes Israel und sogar an jedem gewöhnlichen Wochentag. Wenn man aus tiefstem Herzen aufrichtig anerkennt, dass alles, was man hat, „das ist, was Du, Ewiger, mir gegeben hast“, wird es so geheiligt, dass seine Verwendung zur Awoda, zum Dienst an G-tt, werden kann. Die buchstäbliche Mizwa von Bikurim, wie sie im Bet haMikdasch befolgt wurde, brachte den Segen mit sich, diese Mizwa im folgenden Jahr10 wieder mit Freude erfüllen zu können.11 Das Gleiche gilt auch heute: Wenn man seinen von G-tt gegebenen Besitz benutzt und verwendet, wie es der Allmächtige bestimmt hat, bewirkt man den G-ttlichen Segen, dass man dies auch im folgenden Jahr wieder in größerem Maße und mit noch größerem Glück und größerer Freude tun kann. Schließlich müssen die Dinge der Heiligkeit immer gesteigert werden.12
(Adaptiert aus einem Brief datiert auf den 6. Elul 5715)
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