II. Die Tochacha (Ermahnung) wird vor Rosch haSchana und auch vor Schawuot gelesen.1 Vor Schawuot lesen wir Paraschat Bechukotai, und vor Rosch haSchana lesen wir Paraschat Tawo. Nach diesen Lesungen wird vor den Festtagen eine weitere Parascha gelesen: Bamidbar (und manchmal auch Nasso) vor Schawuot, und Nizawim (und manchmal auch Wajelech) vor Rosch haSchana. Es gibt also immer ein Intervall zwischen der Tochacha und dem Feiertag.2
Bei der Tochacha geht es nicht um Bestrafungen, G-tt bewahre,3 sondern um die Reinigung und Verfeinerung des Gefäßes. Deshalb wird sie vor Schawuot und Rosch haSchana gelesen: So wie man im physischen Bereich ein Gefäß wäscht und reinigt, bevor man etwas sehr Kostbares hineingibt (was der Talmud als „damit seine Flüche zu Ende seien“4 bezeichnet), so ist es auch im geistigen Bereich.
Das Gefäß muss vor den Offenbarungen von Matan Tora (der Übergabe der Tora am Schawuot) und den Offenbarungen von Rosch haSchana gereinigt werden, um diese zu empfangen. Das gilt besonders für Rosch haSchana, denn an jedem Rosch haSchana gibt eine ganz neue Emanation, die es vorher noch nie gegeben hat,5 nicht einmal zur Zeit des Bet haMikdasch.
Gewiss, es gibt schmerzhafte Erfahrungen, wenn auch nur für kurze Zeit. Besonders schmerzhaft sind sie für ein Mitglied des königlichen Haushalts, geschweige denn für das einzige Kind des Königs (und alle Juden gelten als einziges Kind des Königs aller Könige, des Heiligen, gesegnet sei Er6 ), für das schon das kleinste Ungemach unerträglich ist. Deshalb wird eine andere Parascha dazwischen geschoben, wie oben erwähnt). Dennoch hält es unser Vater – der „Aw Harachaman (der barmherzige Vater)“, ja sogar „Aw Harachamim (der Vater der Barmherzigkeit)“7 ist – für lohnenswert, dass er für eine kurze Zeit nicht als solcher wahrgenommen wird, wegen der Kostbarkeit, die Er geben wird.8
III. Der Unterschied zwischen der Tochacha von Paraschat Bechukotai, die vor Schawuot gelesen wird, und der Tochacha von Paraschat Tawo, die vor Rosch haSchana gelesen wird, besteht darin, dass die erste 49 Flüche enthält und die zweite doppelt so viele, nämlich 98 Flüche.
Dies zeigt, dass die Offenbarungen von Rosch haSchana viel erhabener sind als die von Schawuot und daher eine größere Reinigung erfordern.
Die Awoda und die Offenbarungen von Schawuot erfolgen in einem Modus von Or Jaschar (direktes Licht). Die Gemara sagt daher, dass Matan Tora das Ereignis eines Gijur (Übertritt zum Judentum) war,9 und „Einer, der übergetreten ist, gleicht einem neugeborenen Kind.“10 Die Awoda und die Offenbarungen von Rosch haSchana bestehen in Teschuwa, dem Modus von Or Choser (reflektiertes Licht). Deshalb lautet die Schreibweise von Tischrej Taw, Schin, Resch, eine Ordnung, die von unten nach oben verläuft.11
Die Vorbereitung auf Schawuot ist also die Awoda von Nissan, Ijar und dem Beginn von Siwan.12 Es ist eine Awoda im Modus von Zaddikim,13 von „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein“14, eine Ordnung, die von oben nach unten verläuft.15 Die Vorbereitung auf Rosch haSchana ist jedoch die Awoda des Monats Elul.16 Es ist eine Awoda im Modus von Ba-alej Teschuwa,17 von „Ich gehöre meinem Geliebten, und (danach) mein Geliebter ist mein“18, eine Ordnung, die von unten nach oben verläuft.
Die Offenbarungen von Or Choser sind erhabener als die von Or Jaschar, so wie Ba-alej Teschuwa einen Vorteil gegenüber Zaddikim haben.19 Dies zeigt sich auch bei den Luchot (den Tafeln mit den Zehn Geboten): Die zweiten Luchot, die am Jom Kippur nach der Sünde des goldenen Kalbs20 gegeben wurden, sind erhabener als die ersten, die im Monat Siwan gegeben wurden, wie es heißt: „Geheimnisse der Weisheit – zweifach.“21 Die Reinigung des Gefäßes für Rosch haSchana ist also ebenfalls zweifach.
Ähnlich verhält es sich mit der Galut (dem Exil) und der Ge-ula (der Erlösung), die jeweils durch Sünde und Teschuwa ausgelöst werden. Die Sünde des goldenen Kalbes ist die Wurzel der Galut.22 Von der Galut, die durch die Sünde ausgelöst wurde, heißt es, dass „sie doppelt gesündigt haben und doppelt bestraft wurden ...“, aber im Gegenzug „werden sie doppelt getröstet werden, so wie es geschrieben steht:23 ‚Seid getröstet, seid getröstet.‘“24
(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Schabbat Paraschat Nizawim 5714)
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