"Alle Teilnehmer und Betreuer aufgepasst!" schallte die Stimme des Programmleiters durch die Lautsprecher im Ferienlager, "es ist an der Zeit mit dem Lernen fortzufahren, jeder begibt sich wieder bitte zu seiner Lerngruppe."

Mindi's Gruppe saß gerade im Schatten einer alten Eiche und hörte Schimi, ihrem Gruppenleiter, zu: "Die Stämme Ruben und Gad wandten sich mit einem speziellen Wunsch an Moses. Wer weiß denn, was sie wollten?"

"Ich weiß es," sagte Mindi, "sie baten Moses um die Erlaubnis, östlich des Jordan-Flusses siedeln zu dürfen."

"Sehr gut Mindi. Und warum suchten sie sich gerade diese Gegend zum Siedeln aus?"

"Einen Augenblick Schimi," rief Esther dazwischen, "was meinst du mit aussuchen? Wurde das Land denn nicht durch eine Lotterie aufgeteilt?"

"Ja, aber die Stämme Ruben und Gad fragten bereits Jahre vor dieser Lotterie danach, östlich des Jordan siedeln zu dürfen, weil jene Gegend mit saftigen grünen Weiden bedeckt war."

"Oh, ich erinnere mich," sagte Chani, "sie waren Schafhirten und sie suchten nach ausreichendem Weideland für ihre Herden."

"Das ist richtig. Doch Moses war nicht gerade glücklich über diesen Wunsch."

"Wieso eigentlich?" fragte Dinah, "was ist denn daran verkehrt, Schafe zu züchten?"

"Daran ist überhaupt nichts verkehrt," antwortete Schimi, "wie wir wissen, waren einige unserer bedeutendsten Vorfahren Schafhirten."

"Wie Abraham," meldete sich Mindi zu Wort, "und Isaak und Jakob, ja und selbst Moses höchstpersönlich!"

"Sehr gut! Viele unserer Vorfahren entschieden sich dafür, Schafhirten zu sein, weil es ein friedvoller Beruf ist und er nicht allzu viel Zeit und Kraft beansprucht," erklärte Schimi, "dadurch waren sie in der Lage, viel mehr Zeit und Energie darauf zu verwenden, G-tt zu dienen und mehr zu beten und Tora zu lernen."

"Das klingt ja fast nach einem Lernkreis unter einer schattigen Eiche," sagte Esther lächelnd, "warum also war Moses damit nicht einverstanden?"

"Denkt einmal genau nach," sprach Schimi herausfordernd, "als die Stämme Ruben und Gad diesen Wunsch äußerten, verglich Moses sie mit den Meraglim (Kundschaftern)."

"Ah, jetzt verstehe ich," sagte Chani, "in der Schule haben wir gelernt, dass die Meraglim nicht nach Eretz Israel wollten, weil sie sich dachten, das Leben in der Wüste, wo sie von G-tt mit Nahrung, Kleidung und allem Notwendigen versorgt wurden, sei für Menschen, die G-tt dienen wollen, viel angemessener. Dort konnten sie sich ungestört dem Lernen und dem Gebet widmen. Die Stämme Ruben und Gad schienen die gleiche Idee zu haben."

"Ausgezeichnet Chani," lobte Schimi, "aber es gibt hier einen bedeutenden Unterschied. Die beiden Stämme versprachen Moses, dass sie zuvor Eretz Israel mit den anderen Stämmen gemeinsam erobern würden. Sie waren darauf vorbereitet, ihre Frauen, ihre Kinder und ihren Besitz jenseits des Jordan zurückzulassen, während sie an der Spitze der Armee in Eretz Israel einmarschieren würden, um das Land zu erobern und den anderen Stämmen dabei zu helfen, das Land zu besiedeln. Und sie würden nicht eher auf ihr Territorium zurückkehren, bis sich alle anderen in Eretz Israel niedergelassen haben."

"Hierzu gab Moses schließlich seine Zustimmung. G-tt möchte, dass das jüdische Volk in Eretz Israel lebt und dort die Tora und deren Mitzwot befolgt. Die Menschen sollen sich in Israel damit beschäftigen, Landwirtschaft zu betreiben, das Land zu kultivieren und zu entwickeln sowie G-tt mit einer Vielzahl von Aktivitäten zu dienen. Und obwohl dabei viel Zeit darauf verwendet wird, sich mit materiellen Dingen zu beschäftigen, wird dadurch letztlich eine Dira Betachtonim (eine Wohnstätte für die Gegenwart G-ttes) geschaffen, sofern all diese Dinge nach den Regeln der Tora ausgeübt werden.

"Dennoch braucht unser Volk auch Menschen, die den Großteil ihrer Zeit mit Tora-Studium und Gebet verbringen. Aber auch jene Menschen sollen Pioniere sowie ein Teil von Eretz Israel sein, so wie die Stämme Ruben und Gad. Indem sie anderen dabei helfen, sich der Entwicklung des Landes zu widmen, versetzen sie sich selber in die Lage, G-tt mit der Gelassenheit eines Schafhirten dienen zu können."

(Übersetzt aus "Please Tell Me What the Rebbe Said, Vol. I", basierend auf Likutei Sichot, Band 8, Paraschat Matot)