In einer idealen Welt würden wir uns immer vorwärts bewegen und immer höhere Ziele anstreben. Wir würden nie rasten, denn wir wären der Meinung, dass jeder Schritt uns neue Chancen eröffnet. Die Richtung wäre immer „aufwärts“.

In Wirklichkeit ist unser Leben komplizierter. Es geht oft abwärts, ehe es aufwärts geht, und häufig müssen wir Zeit und Energie opfern, um unsere derzeitige Position zu festigen. Erst wenn wir eine feste Grundlage geschaffen haben, können wir mit einigem Selbstvertrauen nach vorne und oben streben. Doch selbst wenn wir uns auf dieses Fundament konzentrieren, wissen wir, dass unsere wahre Bestimmung vorne und oben liegt.


Die doppelte Parascha, die wir diese Woche lesen, hilft uns, diesen Vorgang zu verstehen. Die beiden Namen sind aufschlussreich und dem chassidischen Denken zufolge sehr wichtig. Der Baal Schem Tow lehrte, jeder Name sei der Schlüssel zur spirituellen Natur einer Person oder einer Sache. Deshalb hat der Name eines Wochenabschnitts, der an sich schon spirituell ist, eine besondere Bedeutung.

Die erste Parascha heißt Matot. Dies ist der Plural von Mateh, das „Stab“ bedeutet. Dieses Wort wird auch für die Stämme Israels verwendet. Die Parascha beginnt mit den Worten „Und Mosche sprach zu den Stammesfürsten“. Das Wort für „Stämme“ ist Matot, also „Stäbe“.

Der Lubawitscher Rebbe wies darauf hin, dass dieser Begriff, den man für einen starren, aus einem Baum gehauenen Stab benutzt, einige interessante Nebenbedeutungen hat, wenn er das jüdische Volk bezeichnet.

Erstens muss der Stab von einem Baum stammen. Das jüdische Volk besteht aus edlen Seelen, die vor ihrer Geburt in dieser Welt Teil eines spirituellen Baumes waren, der g-ttliche Strahlen auf höchster Ebene symbolisiert. Die einzelne Seele verkörpert sich auf dieser Welt; sie wird also in gewissem Sinne aus dem Baum geschnitten und verliert dabei ihren engen Kontakt mit dem G-ttlichen. Jetzt ist sie Teil der physikalischen Welt.

Zudem muss die Seele auf unserer Welt viele Herausforderungen bestehen, und darum muss sie fest und stark sein wie ein Stab. Es ist interessant, dass sie zu diesem Zweck ihre eigene spirituelle Essenz nutzt, ihre größte Stärke. Wenn die Seele diese Welt betritt, erreicht sie eine spirituelle Ebene, die höher ist als jene, die sie vor dem Abstieg auf die materielle Welt bewohnte.

Das führt uns zum Namen der zweiten Parascha: Masej. Das bedeutet „Reisen“, weil dieser Abschnitt berichtet, an welchen Orten das jüdische Volk sich auf seiner Wanderung von Ägypten zum Heiligen Land aufgehalten hat. Auf die Seele angewandt, bedeutet das Thema „Reisen“, dass die Seele sich vorwärts bewegt und immer höhere spirituelle Ebenen erreicht.

Diese beiden Aspekte der Seele verbinden sich: die Festigkeit, die wir brauchen, um die Herausforderungen dieser Welt zu bestehen, und die spirituellen Reisen nach vorne und oben.

Der Rebbe wies darauf hin, dass der Versuch, „fest“ zu sein, bereits eine „Reise“ ist. Wenn wir dem negativen Druck unserer Umgebung standhalten, bewegen wir uns in Wahrheit vorwärts und entdecken neue Dimensionen. Die Verbindung aus Festigkeit und Bewegung gilt für alle Lebensbereiche, zum Beispiel für das Führen eines Geschäftes oder das Schreiben eines Buches. Vor allem aber öffnet sie uns die Tür zu unserer eigenen spirituellen Dimension.

Dank der richtigen Mischung aus Festigkeit und Bewegung werden wir und das ganze jüdische Volk das Gelobte Land erreichen.