Lieber Leser,

der Monat Tischrei ist voll von Mizwot – voll von Gelegenheiten, G-ttes Willen auszuführen. Mehr als drei Wochen sind unsere Tage gefüllt mit Gebet, Umkehr, Fasten, herrliche Mahlzeiten, Tanzen, eine Sukka bauen, ein Set der „Vier Arten“ anzuschaffen oder ein Bündel Hoschanot, und Dutzende anderer Mizwot, Bräuche und Gepflogenheiten.

Die Gepflogenheiten von Tischrei fallen in drei allgemeine Kategorien. Da gibt es biblische Vorschriften, die ausdrücklich in der Tora befohlen sind, wie das Blasen des Schofars am Rosch Haschana, das Fasten am Jom Kippur, oder am Sukkot in der Sukka zu essen. Es gibt aber auch eine Reihe von rabbinischen Geboten, die von den Propheten und den Gelehrten aufgrund der Autorität, die ihnen die Tora verlieh, eingeführt wurden. Zum Beispiel sind die fünf G-ttesdienste am Jom Kippur, oder das Nehmen der „Vier Arten“ an allen Tagen von Sukkot (ausser dem ersten) rabbinische Einrichtungen.

Letztlich gibt es im Monat Tischrei eine Reihe von „Minhagim“, Bräuche, wie zum Beispiel das Essen von Apfel in Honig am ersten Abend von Rosch Haschana oder die „Kapparot“ am Tag vor Jom Kippur. Die „Minhagim“ sind nicht durch biblisches oder rabbinisches Gesetz verfügt, sondern durch die Kraft der Tradition: Es sind Dinge, die wir Juden selbst ins Leben gerufen haben um unserem Schöpfer noch besser dienen zu können.

Erstaunlicherweise ist der Höhepunkt des Monats Tischrei - der Punkt an dem das Feiern unserer Verbindung mit G-tt die aller intensivste Freude erreicht – während den Hakafot von Simchat Tora, wenn wir die Tora-Rollen in unsere Arme nehmen und mit ihnen rund um das Lesepult in der Synagoge tanzen – ein Brauch der weder eine biblischen noch einen rabbinischen Hintergrund hat, sondern bloss ein Brauch ist.

Es ist das Einhalten der Minhagim, mit der wir die Tiefe unserer Liebe zu G-tt zum Ausdruck bringen. Man könnte die biblischen Gebote mit den offen ausgedrückten Wünschen zwischen zwei Ehepartnern vergleichen. Die rabbinischen Gebote, die uns G-tt nicht direkt belehrt hat, die dennoch Ausdrücke des g-ttlichen Willens darstellen, ähneln den angedeuteten Bitten zwischen Eheleuten. Doch die Minhagim stellen den Bereich dar, wo wir intuitiv fühlen, wie wir G-tt eine Freude machen können.

Schabbat Schalom und Chag Sameach