Über die „Galut-Mentalität“ wurde viel gesagt und geschrieben. Gemeint ist die Unterwürfigkeit vieler Generationen von Juden in der Diaspora. Als Bürger zweiter Klasse in Osteuropa und Arabien verloren die Juden angeblich ihre Selbstachtung. Erst in unserer Zeit wurde, so sagt man, der Ghettojude durch den stolzen, starken, unabhängigen Israeli ersetzt. Nie wieder soll Mosche vor seinem Grundherrn Bücklinge machen! Jetzt gehen die Juden aufrecht.
In unserer Parascha Ekew ermahnt Mosche das Volk, nie zu vergessen, dass G-tt es aus Ägypten durch die Wüste ins Gelobte Land geführt hat. Er nennt die Wüste „groß und Ehrfurcht gebietend“. Die Wüste vor dem Gelobten Land symbolisiert das Exil. Und das Problem mit dieser Wüste ist, dass sie uns beeindruckt. In unseren Augen ist sie „groß“. Die große, weite Welt ist mächtig und überwältigend.
Dabei vergessen wir, dass die Galut-Mentalität nicht auf die Ghettos im 18. Jahrhundert beschränkt ist. Das wahre Exil ist in unseren Köpfen und Herzen. Wenn wir die nichtjüdische Welt für riesengroß halten und ihr ungeheure Bedeutung beimessen, dann leben wir immer noch im Exil und haben eine Galut-Mentalität, unabhängig davon, wo wir geografisch leben.
Und wenn wir diese Wüste für groß halten, untergraben wir unser Selbstwertgefühl und halten diese Wüste sogar für „Erfurcht erregend“ und schrecklich. Aber warum? Was ist so großartig an dieser äußeren Welt, an dieser Wüste? Warum regt es uns so auf, was die nichtjüdische Welt denkt? Warum macht es uns so nervös, was die Massenmedien der Welt über uns sagen? Warum verstört uns der giftige Bleistift eines Karikaturisten so sehr?
Das neue Israel sollte anderes sein. Keine Schwäche mehr, keine Feigheit. Warum also kümmert es uns immer noch, was die anderen sagen? Wenn wir davon überzeugt sind, die Gerechtigkeit und die Moral auf unserer Seite zu haben, dann sollte es uns egal sein, was andere denken. Wenn sie ein Problem mit einem Israel haben, das sich verteidigen und seine eigenen Schlachten ausfechten kann, dann ist das ihr Problem, nicht unseres. Wir tun, was wir tun müssen.
Warum soll ich eine Welt achten, die so unmoralisch geworden ist, dass sie vom Völkermord in Dafur kaum Notiz nimmt? Ist Israel, das seine Bürger vor Raketen schützt, wirklich „unmoralisch“? Warum sollen wir uns von einer Welt einschüchtern lassen, die uns kritisiert und staatlich finanzierten Terror akzeptiert? Warum schmerzt es uns, wenn wir sie sagen hören, dass wir übertrieben reagieren? Warum bekommen wir jedes Mal Panikzustände, wenn die UNO uns verdammt?
Die Antwort lautet: Die große, weite Welt ist die Wüste, in der wir leben, und wir halten sie für „groß und Ehrfurcht gebietend“. Und solange eine korrupte, heuchlerische, moralisch bankrotte Welt uns beeindruckt, lassen wir uns von ihrer negativen Meinung über uns demoralisieren.
Wir Juden sollten wissen, dass diese Welt nicht eindrucksvoll ist, sondern eine moralische Wüste. Die Fürsten dieser Wüste sind die Armen im Geist. Antisemitismus ist eine Tatsache, und je früher wir das begreifen, desto gesünder und wacher sind wir. Ja, wir fechten die diplomatischen Kriege aus und kämpfen gegen voreingenommene Medien. Aber wir dürfen uns nicht grämen, wenn wir die öffentliche Meinung nicht ändern können. Um das Exil zu verlassen, müssen wir zuerst aufhören, davon beeindruckt zu sein. Um unser Land und unser Volk zu erlösen, müssen wir zuerst unsere Seele und unser Selbstachtung erlösen.
Wir dürfen nie vergessen, wo unsere wahre Stärke liegt. Wenn wir daran denken, wer uns aus Ägypten holte und durch die Wüste führte, wer das wirklich große, Ehrfurcht gebietende Wesen aller Wesen ist, dann können wir aufrecht gehen und ewig stolz sein.
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