Der "Alte Rebbe", der Begründer des Chabad-Lubawitsch-Chassidismus, pflegte zu sagen: "Ein Jude soll dem Geist der Zeit entsprechend leben"; und damit meinte er spezifisch den laufenden Wochenabschnitt aus der Tora. Demgemäß wollen wir heute, anlässlich des dieswöchigen Abschnitts Toldot, der ersten Sidra "nach" Abraham, einen Rückblick auf dessen Lebensgeschichte werfen.

Zusammenfassend können wir dabei auf drei Punkte hinweisen, die in G-ttes Enthüllungen an Abraham hervorstechen, wie sie das spätere Geschick seiner Nachkommenschaft, des jüdischen Volkes, bestimmt haben:

1. "Deine Nachkommen werden Fremdlinge sein in einem Land, das ihnen nicht gehört" (Genesis 15, 13).

2. Dennoch war Abraham des ewigen Bundes mit G-tt versichert, wodurch auch das Überleben unseres Volkes unter allen Umständen und auf alle Zeiten hin garantiert war.

3. Aber: Dieses Versprechen, dass unser Volk ewigen Bestand haben werde, wurde davon abhängig gemacht, dass in G-ttes Wegen gehen und Seine Gebote einhalten, dass wir unsere Bande mit G-tt von Geburt an aufrechterhalten – eine Bindung, die nicht nur der Seele eingeprägt, sondern die im Körper durch den Brit (die Beschneidung) besiegelt ist, womit dann Körper und Seele beide vereint G-tt in der Beobachtung Seiner Tora und Mizwot gewidmet bleiben.

Wieder müssen wir auf den Anspruch unserer Weisen zurückkommen (Nachmanides zu Genesis 12, 6; s. auch Midrasch Tanchuma): "Das Erlebnis der Väter ist ein Zeichen für die Kinder." Alles, was unseren Stammvätern zugestoßen ist, weist auf Ereignisse hin, die sich im Laufe der Geschichte unseres Volkes wiederholen würden, erheblich sowohl für die Einzelperson wie für die Gesamtheit.

Der erste Punkt – dass seine Nachkommen Fremdlinge in einem fremden Lande sein würden – ist in jeder Phase unseres Exils in Erfüllung gegangen; und das schließt auch die Gegenwart ein. Zwar haben in neuerer Zeit viele Juden in vielen Ländern gemeint, sie befänden sich nicht mehr in der Galut (im Exil). In ihren Augen war ihre Wahlheimat "ihr" Land, und sie fühlten sich nicht als "Fremdlinge". Nichtsdestoweniger stellen sich, wie wir alle nur zu genau wissen, von Zeit zu Zeit neue Umstände und Ereignisse ein, die den Juden zeigen, dass sie sich Illusionen gemacht haben, dass sie also in Wirklichkeit "Fremdlinge sind in einem Land, das ihnen nicht gehört."

Das der zweite Gesichtspunkt – nämlich dass das jüdische Volk allen Widrigkeiten zum Trotz überlegen würde – sich bewahrheitet hat, wird allgemein als "eine erstaunliche Tatsache" zur Kenntnis genommen. Die größten Weltreiche, mit den fortschrittlichsten Zivilisationen, wie Assyrien, Babylonien, Persien, Griechenland und Rom, sind alle zerfallen und untergegangen, während das kleine jüdische Volk, zerstreut unter den Nationen, "Fremdlinge in fremdem Lande", weiter besteht.

Es ist jedoch der dritte Punkt in G-ttes Enthüllung an Abraham – das ist: die Begründung und Bedingung für diesen wundersamen Fortbestand –, den die Menschen sehr ungern zugeben wollen. Wenn Probleme von Assimilation, Mischehen oder Drogenkultur auftreten, dann kann man jede Sorte von Vorschlägen hören, wie diese zu lösen seien, großartige sowohl wie lächerliche Vorschläge: G-ttesdienste im "Jazz-Stil", "symbolische" Mizwot, Nationalismus oder eine "jüdische Volks-Kultur" – dies sind nur einige der mehr häufigen Anregungen, die angeblich dazu angetan seien, den Fortbestand unseres Volkes zu gewährleisten.

Das wesentliche Element jedoch, auf dem immer und überall die Einheit unseres verstreuten Volkes beruht hat und auch heute beruht, das wird nicht erwähnt: Tora und Mizwot, unser Bund mit G-tt, unser jüdischer Lebensweg, der grundsätzlich der gleiche geblieben ist in allen Zeitaltern und an allen Orten.

Jeder Vorschlag zur Lösung der Probleme, mit denen sich heutzutage viele unserer jungen Leute abplagen, muss eine Stärkung des Brit ins Auge fassen, unseres Bundes und unserer Bindung an G-tt durch Tora und Mizwot. Wer unsere Geschichte gründlich und unvoreingenommen studiert, der muss klar einsehen, dass die Einhaltung von Tora und Mizwot im täglichen Leben vorderster Garant unserer Existenz und unseres Überlebens ist.