In unserer Parascha behandelt die Tora das Gesetz einer verheirateten Frau, welche sich mit einem fremden Mann in einen geschlossenen Raum begeben hat und deshalb unter dem Verdacht steht, ihre Ehe gebrochen zu haben. Eine solche Frau wird „Sota“ (eine Abweichende) genannt.

Die Tora schreibt einen Test vor, wodurch ermittelt werden kann, ob dieser Verdacht begründet ist oder nicht. Die Einleitung zu diesem Thema macht die Tora mit den folgenden Worten: „Ein Mann dessen Frau abweichen wird und ihn hintergehen wird ...“.

Raschi, Hauptkommentator des Chumasch, erklärt, dass die Frau vom jüdischen Weg der Reinheit und Bescheidenheit abgewichen ist, indem sie sich mit einem fremden Mann eingelassen hat. Das Wort für Abweichung in Hebräisch ist: „Tisteh“. Die selben Buchstaben, welche das Wort Abweichung formen, werden manchmal im Zusammenhang mit dem Wort „Schtut“ („Dummheit“) gebraucht. Davon leiten unsere Weisen im Talmud den folgenden Grundsatz ab: „Ein Mensch weicht nur vom Wege der Tora ab, wenn ihn ein 'Geist der Dummheit' übermannt hat.

Mit anderen Worten: Um eine Sünde zu begehen, muss der Mensch zuerst seine Gewissensbisse und weitsichtigen Überlegungen leugnen und ignorieren. Erst dann kann er seinen Trieben freien Lauf lassen.

Nun müssen wir uns fragen, weshalb unsere Weisen und die Tora gerade diese Stelle ausgesucht haben, um uns diesen Einblick in die Psychologie des Sünders zu gewähren. Bekanntlich ist das Ehebrechen eine der allerschlimmsten Sünden im Judentum und folglich wäre es doch besser gewesen, anhand eines Beispiels einer „leichteren“ Sünde zu demonstrieren, wie jede Sünde ihre Ursache in diesem „Geist der Dummheit“ hat. Jetzt jedoch, wo dieser Beweis von einer derart schlimmen Sünde gebracht wird, könnte ein Mensch denken, dass nur solch schreckliche Sünden als Dummheit bezeichnet werden können.

Tatsächlich ist jedoch genau dies die richtige Stelle in der Tora, um dieses Prinzip darzustellen. Denn das jüdische Volk und jeder einzelne Jüdische Mensch hat eine Beziehung mit G-tt, welche als Ehebeziehung bezeichnet werden kann. Diese Beziehung ist durch einen Vertrag (unsere Tora) geregelt, der gewährleisten soll, dass sich der Mensch aber auch G-tt an gewisse Regeln halten. Der Mensch verspricht seinerseits, stets der Tora treu zu bleiben und nie vom g-ttlichen Weg abzuweichen, während G-tt verspricht, in diesem Fall einem Menschen all das zu geben, was er zum Leben braucht.

Wenn nun ein Mensch selbst eine „kleine Sünde“ begeht und so seinen Vertrag mit G-tt bricht, ist dies in einem gewissen Sinn mit einem Ehebruch zu vergleichen. Nun lehren uns unsere Weisen, dass es ein gewisses Mass an Dummheit und Vergesslichkeit braucht, um dies zu tun. Denn in Wirklichkeit will ein glücklicher Ehepartner nie seine Ehe zerstören, indem er eine Affäre eingeht. Meistens denkt sich der Mensch dabei, dass er diese Affäre verheimlichen kann und seine Ehe weiterführen wird.

Doch oft kommt das Geheimnis ans Tageslicht und sein Leben zerbricht. So will ein Mensch doch eigentlich auch seine Beziehung mit G-tt nicht auf die Dauer zerstören. Er vergisst nur momentan durch diesen „Geist der Dummheit“ was ihm im Leben wirklich wichtig ist.

Ähnlich wie bei der Sota (Der Frau welche unter dem Verdacht steht, Ehe gebrochen zu haben) die Möglichkeit besteht, zu beweisen, dass sie wirklich rein geblieben ist und nur momentan eine unziemliche Sache getan hat, nämlich sich mit einem fremden Mann einzuschliessen, genauso besteht für den Mensch die Möglichkeit, unter Beweis zu stellen, dass er nur momentan einen Fehler gemacht hat, aber nicht grundsätzlich seine Beziehung mit G-tt zerstören wollte, in dem er Tschuwa macht und seine Taten bereut und bereinigt.