Unser Wochenabschnitt behandelt unter anderem die Gesetze der „Sota“. Das ist eine Ehefrau, die durch ihr unsittliches Verhalten ihren Mann eifersüchtig gemacht hat, bis er sie verwarnen muss: „Verstecke dich nicht mit diesem Mann“, sie aber dennoch seine Verwarnung missachtet.
Ehemann und Ehefrau stehen in der jüdischen Symbolwelt für G-tt (Ehemann) und das jüdische Volk (Ehefrau).1 Auch die Gesetze der Sota finden bei diesem Verhältnis ihren Ausdruck.
So wie der Mann aus Eifersucht seine Frau verwarnt, warnt auch G-tt ebenso jeden Juden und jede Jüdin: Habe keine anderen Götter neben Mir! Verstecke dich nicht mit einem anderen Gott!2
Kein Beisammensein
Diese Verwarnung in Bezug auf G-tt scheint unklar: Kann man sich denn vor G-tt verbergen?! G-tt ließ bereits durch den Propheten Jeremia3 verlautbaren: Jemand verberge sich im Verborgendsten und Ich würde ihn nicht sehen?!4 Und im Sohar steht geschrieben, dass es keinen Platz gibt, an dem G-tt nicht ist.5 Wie kann man sich also vor G-tt verbergen?
Es gibt da nur eine Möglichkeit – wenn der Mensch hochmütig ist. Mit einem hochmütigen Menschen will G-tt nichts zu tun haben. Über so einen Menschen sagt G-tt: „Ich und er können nicht beisammen wohnen.“6 G-ttes Abneigung geht so weit, bis Er ihn nicht einmal mehr sehen möchte! Und so erklärt der Baal Schem Tow den obengenannten Vers Jemand verberge sich im Verborgendsten und Ich – würde ihn nicht sehen: Sobald der Mensch sein „Ich“ (das Gefühl von Hochmut, Selbstsicherheit oder Arroganz) zu sehr betont, kommt es zu „nicht sehen“; G-tt blickt nicht mehr auf ihn.
Gravur
Wie kann sich der Jude aus dieser misslichen Lage befreien? Laut den Gesetzen der Sota musste die verdächtige Ehefrau ein besonderes Wasser trinken, welches ihre Unschuld bzw. ihre Schuld beweisen sollte. In dieses Wasser legte man ein Schriftstück mit dem Namen G-ttes, welches das Wasser auslöschte. Der Ehemann konnte aber auch seiner Frau verzeihen, wenn er ihr vertraute, dass nichts Ernstes mit einem fremden Mann vorgefallen war, „solange der Name im Wasser nicht ausgelöscht wurde.“7
Beim Verhältnis zwischen G-tt und dem Juden heißt das: „Solange der Name nicht ausgelöscht wird“, reicht die Vergebung G-ttes über die Hochmut des Menschen aus.
Wie bewirkt man, dass es nicht zu einer Auslöschung kommt? – indem die Buchstaben nicht geschrieben, sondern eingraviert werden. Geschriebene Buchstaben kann man von dem Papier trennen, da sie stets zwei verschiedene Medien sind, die man lediglich zusammengeführt hat. Doch eine Gravur ist ein Teil des Steines geworden. Sie hat sich mit dem Stein vereint und kann nie wieder von ihm getrennt werden.
Seltsame Opfergabe
Unter dieser Bedingung vergibt G-tt dem Hochmütigen: Seine Bindung zur Thora muss so stark sein, wie die Vereinigung zwischen Gravur und Stein. Wenn der Jude an der Thora und ihre Mitzwot so stark gebunden ist, dass er sie von seinem Leben nicht mehr wegdenken kann, werden sie ihm zur Seite stehen, wenn Hochmut in sein Herz eindringt, sodass G-tt ihm nach aufrichtiger Tschuwa vergeben und wieder auf ihn blicken wird.
Doch „wenn die Schrift ausgelöscht wurde“ – sollte der Jude von der Thora zu trennen sein – trennt ihn sein Hochmut wirklich von G-tt. Dann reicht eine gewöhnliche Tschuwa nicht aus und er muss den Prozess einer unsittlichen Frau durchmachen, welche eine Gabe aus Gerste darbrachte, die Nahrung eines Tieres. Das bedeutet: Der Jude muss sich sodann demütigen und sich vor G-tt so niedrig wie ein Tier betrachten, das nicht versteht und nur gehorsam folgt. So wird sein Hochmut zerschlagen und eine Bindung zu G-tt wieder möglich gemacht.
(Likutej Sichot, Band 4, Seite 1032)
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