"Ein Land, an dem der Ewige, dein G-tt, Wohlgefallen findet; ständig sind die Augen des Ewigen, deines G-ttes, auf es gerichtet, vom Anfang des Jahres bis zum Endpunkt des Jahres" (Deut. 11, 12). Mit diesen liebevollen Worten beschreibt die Tora das Heilige Land in der dieswöchigen Sidra. Erheblich zu diesem Thema sind die folgenden Ausführungen des Lubawitscher Rebben, Auszüge aus einem Brief, den er 1959 an den damaligen Ministerpräsident von Israel, David Ben Gurion, richtete - und die bis heute hochaktuell geblieben sind.

Es gab eine Zeit, da in weiten Kreisen die Meinung vertreten wurde, die jüdische Religion und jüdische Observanz seien allerdings für die in der Diaspora lebenden Juden notwendig, als ein Schild gegen die Assimilation. Für diejenigen jedoch, die ein anderes "Gegenmittel" besässen, das die Religion ersetzen könnte, insbesondere für alle in Erez Israel ansässigen, wo Sprache, Atmosphäre usw. jedenfalls (scheinbar) den nationalen Weiterbestand gewährleisteten, sei die Religion überflüssig - warum sollten sie sich all die einzelnen Vorschriften der täglichen Lebensführung aufbürden? Hingegen bestätigt die ganze Entwicklung in Erez Israel in den letzten Jahren zunehmend die genau umgekehrte Ansicht, nämlich dass Religion, schon lebenswichtig genug für das Judentum in der Diaspora, für die Juden im Heiligen Lande sogar noch unerlässlicher ist.

Einer der Hauptgründe hierfür ist dieser: Gerade in Erez Israel besteht die große Gefahr, dass eine neue Generation aufwachsen kann, ein neuer Typus, der zwar den Namen "Israel" trägt, der sich aber völlig abseits von unserer Vergangenheit und Tradition gestellt hat und ihre ewigen Werte nicht kennt oder anerkennt. Mehr noch: sie könnte all diesen Werten, der Kultur, dem jüdischen Lebensinhalt nicht nur uninteressiert sondern sogar absolut feindlich gegenüber stehen - feindlich, obwohl sie Hebräisch spricht, im Lande der Patriarchen lebt und sich für die Bibel zu begeistern scheint.

Aus naheliegenden Gründen will ich auf dieses schmerzhafte Thema nicht weiter eingehen. Ich hoffe allerdings inbrünstig, dass dieses Unglück nicht über uns kommen wird. Ich glaube, dass viele Kinder dieser neuen Generation schließlich selbst der Gefahr zu Leibe rücken und wirksame Gegenmittel ergreifen werden.

Der Durst der Jugend unseres ewigen Volkes wird ganz gewiss nicht durch Rationalisierungen und Theorien gestillt werden, die von sterblichen Menschen erdacht worden sind; diese werden das Geschick all der Ideologien teilen, die da noch gestern ihr Debüt gemacht haben und heute schon wieder verschwunden sind. Hier ist vielmehr der Platz für das Gesetz von Moses und Israel, die schriftliche und die mündliche Lehre, unsere unabhängigen Werte, die auf den Zeitpunkt zurückgehen, als das jüdische Volk vor G-tt am Horeb stand und die erhabene Stimme hörte, die da kündete: "Ich bin der Ewige, dein G-tt... Du sollst keine anderen G-tter haben..." (Exodus 20, 2 -3).

Es erübrigt sich, zu betonen, dass ich hiermit nicht eine theoretische Religiösität meine, sozusagen eine rein philosophische Weltanschauung, ein geeignetes Diskussionsthema für Wochenende und Ferientage. Ich spreche vielmehr von einem umfassenden und praktischen Lebensweg, der ebenso auch die Wochentage betrifft und alle Dinge, die man gewöhnlich als "weltlich" bezeichnet. Schließlich beruht unser Glaube entschieden auf dem praktischen Tun.

Sie sind vielleicht verwundert und fragen sich, ob ich mit diesem Briefe Meinungen, die oft schon fast eingefleischt sind, ändern oder beeinflussen zu können glaube. Nein - die Situation in Erez Israel selbst, die innere Wahrheit der Idee und die sich hier einzigartig bietende Gelegenheit, sie sind es, die für sich selbst sprechen und ihre Forderungen stellen. Sie selbst haben Erez Israel den Namen "Heiliges Land" gegeben. Dazu ist festzustellen, dass das Attribut "heilig" - wie die Bezeichnung "Jude" - nach Inhalt und Begriff durch Generationen unseres Volkes definiert und geheiligt worden ist, seit dem Zeitpunkt, da die Tora verkündet worden ist. Da erhielt unser Volk den ehrenvollen Titel "Ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation" (Exodus 19, 6). und damals wurde unserem Volk das Heilige Land zuerkannt wie auch seine Ausdehnung angezeigt (Deut. 1, 7).

Dies hat Gültigkeit bis zum heutigen Tage und schliesst die Jetztzeit ein.

(Es ist nicht tunlich, eine kurze Zusammenfassung des Inhaltes dieses Briefes beizufügen.)