Führen Sie ein Tagebuch? Oder schreibt jemand eine Biographie über Sie?

Haben Sie auch notiert, dass Sie vorige Woche in einem Geschäft zuviel Wechselgeld bekommen und behalten haben oder dass Ihre sportlichen Leistungen sich verbessert haben?

Vielleicht ist es schade, dass Sie alltägliche Handlungen nicht für wichtig halten und nicht für die Öffentlichkeit festhalten — sonst würden Sie sich vielleicht sorgfältiger überlegen, was Sie tun.


Diese Woche lesen wir Wajigasch. In diesem Wochenabschnitt ist Josef dankbar dafür, dass er wieder mit seinen Brüdern vereint ist, und schickt sie mit auserlesenen Nahrungsmitteln zurück zu Jakob, ihrem Vater. Die Kommentare sind sich nicht einig darüber, um welche Nahrungsmittel es sich handelte. Raschi meint, es könne sich um “alten edlen Wein”, aber auch um “getrocknete halbe Erbsen” handeln. Das ist ein ziemlicher Unterschied! Aber in der Tora hat alles seine Bedeutung. Raschi zufolge war Jakob überglücklich, nach 22 Jahren zu erfahren, dass sein jüngster Sohn noch lebte — aber er erfuhr auch, dass Josef als Sklave verkauft worden war. Die Erbsenhälften symbolisieren dann, dass eine Trennung manchmal notwendig ist, um etwas Sinnvolles zu erreichen.

Und wie steht es mit dem edlen Wein? Raschi erläutert, Josefs Brüder hätten aus Kummer über ihre Missetat ebenso wie ihr Vater seit dem Verrat an Josef keinen Wein mehr getrunken. Jetzt trank Jakob nicht nur zum ersten Mal seit vielen Jahren Wein, sondern er genoss zugleich den Wein, den sein Sohn ihm geschickt hatte, der Sohn, den er so lange betrauert hatte. Dass der Wein alt ist, bedeutet, dass Josef während all der Jahre in Ägypten immer an die Rückkehr zum Vater glaubte.

Das sind zwei interessante Deutungen. Aber wie sind Ihre Taten in letzter Zeit zu deuten? Haben Sie sich mit Ihrem Mann oder mit Ihrer Frau wirklich ausgesprochen, oder sind Missverständnisse geblieben? Wie die Menschen in der Tora machen auch Sie Fehler, und manches, was Sie tun, ist bestenfalls fragwürdig und schlimmstenfalls falsch. Anders als die Menschen in der Tora haben Sie keine 20 Bände Talmud, um Ihre Handlungen zu analysieren. Niemand folgt Ihnen auf den Fersen, schreibt Ihre Motive auf und untersucht sie.

Darum müssen Sie von der Tora lernen. Lernen Sie, Ihr eigener Kommentator zu sein. Prüfen Sie Ihr Handeln, und achten Sie darauf, dass andere es richtig interpretieren. Denn auch Ihre Taten werden ins Buch des Lebens eingetragen.