Wir haben ein Jahrhundert hinter uns, in dem die Wissenschaften größere Erfolge erzielt haben als je zuvor. Die Physiker sind erstaunlich tief in die Rätsel des Universums eingedrungen und haben neue Himmelskörper und Beziehungen entdeckt. Die Biologen haben ein immenses Wissen über die Lebensprozesse angehäuft und können sie sogar beeinflussen. Mediziner und Chemiker können uns helfen, mit Krankheiten fertig zu werden und Angriffe auf das Immunsystem abzuwehren, und die Erfolge sind größer, als frühere Generationen es sich vorstellen konnten.
Trotz des Wissens über unsere materielle Welt, das G–tt uns gegeben hat, und trotz unserer Herrschaft über diese Welt (wie die Tora sie unseren Ahnen versprochen hat) suchen viele Menschen immer noch bei Sehern, Wahrsagern und Scharlatanen nach Antworten. Was geht da vor?
Nun, die Leute suchen zwei Arten von Antworten:
Erstens geht es um Tatsachen, wie Wissenschaftler sie geben können: Bin ich krank? Wie muss ich behandelt werden? Wie komme ich mit den materiellen Rätseln meiner Umwelt zurecht? Was habe ich gestern Nacht am Himmel gesehen?
Zweitens geht es um Antworten, um die sich die Religionen immer bemüht haben: Wie bewältige ich meine Ängste, Sorgen, Gefühle und spirituellen Sehnsüchte?
Wer beide Aspekte vermischt, ist verwirrt. Wir wissen, was im Körper und in der Umwelt vorgeht: in Atomen, Quarks und Myonen. Wir wissen in gewissem Umfang, was im Kosmos vorgeht. Wir sollten G–tt dafür danken, dass er uns geholfen hat, das alles zu entdecken. Aber wissen wir auch, was in unserem Herzen vorgeht und was die Zukunft bringt?
Ja und nein. Wir wissen, dass wir eine Seele haben, einen Teil G–ttes, und dass diese Seele uns in den schwierigsten Situationen ein Wegweiser sein kann. Wir kennen die Gebote G–ttes aus der Tora und den Kommentaren. Aber kennen wir auch die Zukunft und sollen wir sie kennen?
In Wajeschew leidet Josef unter dem Neid seines Bruders, zum Teil wegen seiner Träume. Er träumt, dass Sonne, Mond und Sterne sich vor ihm verneigen. Später in Ägypten träumt er vom Pharao und von der Zukunft des Volkes. Alle diese Träume werden wahr. Weiß Josef das?
Die Tora deutet nirgendwo an, dass Josef hochmütig oder trotzig war. Er bezeichnet seine Träume nie als Prophezeiungen, er schildert sie aufrichtig, und er beantwortet keine Fragen zu ihrer Bedeutung. Was also sagt er? Er sagt nur, was wir heute noch sagen können: dass wir in unserer Seele einige Möglichkeiten sehen können, ohne sicher zu sein, was wirklich geschehen wird. Wir können nur versuchen, das Gute zu fördern und das Böse zu verhindern oder zu lindern.
Das könnte man als bemerkenswerte Ergänzung des Paragrafen über den freien Willen in unserem Vertrag mit G–tt ansehen. Es steht uns frei, Gutes oder Böses zu tun, und wir sind in der Lage, die möglichen Folgen zu beurteilen. Zudem können wir unsere materielle Umwelt und unser Handeln in großem Umfang steuern. Wie sieht die Zukunft aus?
Wir brauchen keinen Wahrsager, denn die Antwort hängt davon ab, wie wir mit der Welt umgehen und welche Einfluss wir auf andere Menschen haben.
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