Josefs Lebensgeschichte ist mit verschiedenen Träumen verbunden. Zuerst hatte er den Traum, in dem sich alle Brüder vor ihm bücken, dann deutete er die Träume der Diener Pharaos und schließlich träumte Pharao selbst einen Traum, den Josef zum königlichen Palast führte.
All diese Träume führten schlussendlich zum jüdischen Exil in Ägypten (Galut Mitzrajim), war es doch Josef, der seine Brüder und seinen Vater in Ägypten ansiedelte, nachdem er in Ägypten Herrscher geworden war.
Dies deutet darauf hin, dass das Exil in Ägypten mit Träumen verbunden ist. Da auch alle jüdischen Exile ihren geistigen Ursprung im Exil in Ägypten haben, können wir davon ableiten, dass alle Exile des jüdischen Volkes mit Träumen verbunden sind.
Diese Hypothese wird auch durch den Vers (Psalm 126): „Als der Ewige die Weggeführten Zijons zurückführte, waren wir gleich Träumenden“, gestützt. Mit anderen Worten: Erst dann, wenn uns G-tt vom Galut (Exil) befreien wird, werden wir realisieren, dass wir im Exil wie in einem Traumzustand lebten.
Was ist die tiefere Bedeutung dieser Gleichstellung von Galut und Traum? In einem Traum gibt es keine Ordnung, Logik und Wertschätzung. Zwei Geschehnisse die in einem Traum aufeinander folgen, müssen nicht unbedingt logisch miteinander verbunden sein. So kann zum Beispiel ein Mensch träumen, ein Kamel durch ein Nadelöhr schlüpfen gesehen zu haben.
Im Galut sind Geschehnisse nicht immer logisch erklärbar. Auch die menschlichen Handlungen nehmen manchmal die Form eines Traumes an: Wo er gerade erst im Gebet G-tt angefleht hat, ihm zu helfen und realisiert hat, dass er von G-ttes Hilfe abhängig ist, zeigt er sich während dem darauf folgenden Geschäftshandel von einer ganz anderen Seite. Er vergisst G-tt, verlässt sich völlig auf seine eigene Kräfte, und betrügt gar seinen Geschäftspartner, um einen Profit zu machen.
Ist dieser Mensch ein Hypokrit (Heuchler)? Ist sein Gebet eine Lüge? Nein! Er befindet sich in einem geistigen Traum, in dem nicht immer alles logisch abläuft. Obwohl er während dem Gebet mit ganzem Herzen dabei war und sein Gebet mit der größten Überzeugung sagte, bemerkt er nicht, dass es hier einen gewissen Widerspruch zwischen seinen Taten und Worten gibt.
Soll dieser Mensch deshalb mit dem Gebet aufhören, da es ja sowieso nicht mit dem Leben übereinstimmt? Nein! Der Widerspruch im Galut, ist eine Kondition, die überall herrscht und keineswegs besagt, dass die guten Taten nicht ehrlich gemeint oder wertvoll sind. Doch zusammen mit diesen negativen Erscheinungen gibt es auch positive, die mit dieser traumartigen Kondition verbunden sind. Während zur Zeit des Bejt Hamikdasch alles seine Ordnung und Reihenfolge hatte und ein Mensch nur eine geistige Stufe nach der anderen erreichen konnte, verhält es sich im Galut ganz anders.
Auch ein Mensch der Gestern auf der niedrigsten Stufe stand, kann Heute mit Leichtigkeit ein viel höheres geistiges Niveau erlangen, ohne sich am Widerspruch sonderlich stören zu müssen. Denn wir leben nun einmal in dieser traumartigen Situation und müssen versuchen, aus ihr das Beste machen.
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