Es ist ein Klischee oder eine Art Scherz, einen Satz mit den Worten zu beginnen: “Es gibt zwei Arten von Menschen ...” Obwohl das eine krasse Vereinfachung ist, erscheinen immer wieder Bücher, die den gleichen Fehler machen – Bücher über die (offensichtlichen) Unterschiede zwischen Mann und Frau (das Gemeinsame wird oft vergessen), über vier Arten von Schläfern, fünf Arten von Zauderern, sechs Arten von Süchtigen und so weiter.
Das mag auf einer Party amüsanter Gesprächstoff sein (“Welche Art von Neurotiker sind Sie?”), aber es hilft uns nicht zu verstehen, wie verschieden wir alle sind. Leider haben solche Klischees auch Menschen infiziert, die es besser wissen müßten. Eine psychiatrische Klinik, in der die Patienten jahrzehntelang als Individuen behandelt wurden, mußte neulich “Behandlungskategorien” einführen – für Heranwachsende, Alte, Stressgeplagte und so weiter. Die Versicherungen stecken Patienten gerne in Schubladen.
Unsere Einzigartigkeit ist ein Teil unserer G-ttlichkeit. Sie ist der äußere Beweis dafür, daß jeder Mensch auf seine Art wichtig ist, weil G–tt es so gewollt hat. Auch heute noch kratzen Wissenschaftler sich am Kopf angesichts dieses Mysteriums. Unser Gesicht spiegelt diese Tatsache wider, und selbst Computerspezialisten räumen ein, daß es noch lange dauern wird, bis es einem Computer gelingt, Gesichter zu unterscheiden – wenn es überhaupt möglich ist. Wir tun das ständig, ohne uns darüber zu wundern!
Aber wir können den kritisierten Satz dennoch richtig beenden: “Es gibt zwei Arten von Menschen, und zwar einen animalischen Geist, vereinigt mit einer g–ttlichen Seele.”
Der Wochenabschnitt Ki Teze beginnt mit den Worten: “Wenn ihr hinauszieht, um gegen eure Feinde zu kämpfen ...” Chassidim erklären, daß dieser Vers eine Anspielung auf den Kampf in unserem Inneren ist, auf den Kampf zwischen der Seele und dem animalischen Geist (den sündhaften Neigungen). Wir haben zwei Möglichkeiten, mit diesem Konflikt umzugehen.
Wir können den animalischen Geist durch Gebete zügeln und mit unserer menschlichen Natur ringen, um Materialismus und Versuchungen zu überwinden. Und wir können die Tora studieren, denn “ihre Wege sind angenehm, und alle ihre Wege sind friedlich”. Wenn wir die Tora studieren, strahlt unsere Seele den g–ttlichen Geist aus.
Nicht die Menschheit besteht also aus zwei “Arten”, sondern jeder einzelne Mensch ist verkörperte Dualität und deshalb einzigartig.
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