Der Midrasch erzählt,1 dass die Juden dank vier lobenswerter Verdienste aus Ägypten erlöst wurden. Der erste Verdienst2 ist, dass sie ihre Namen nicht veränderten.3

Die große Bedeutung besteht darin, weil all ihre Namen Anspielungen auf die ultimative Erlösung waren.4 Außerdem wird gesagt, dass sie ihre eigene Sprache5 beibehielten, sich so von den Ägyptern absonderten und dadurch den Götzendienst vermindern konnten.6 Gleiches trifft zu auf die Beibehaltung ihrer jüdischen Namen. Dass die Juden darauf achteten, ihre besonderen Namen beizubehalten, kann aus chassidischer Perspektive betrachtet werden, vgl. Artikel "Was ist ein Name?".

Die Eltern erhalten bei der Namensgebung den Schimmer einer G-ttlichen Inspiration, wenn sie ihrem Kind einen jüdischen Namen gebenDer hebräische Name eines Gegenstandes ist der Kanal für seine G-ttliche Energie.7 Der Arisal lehrt uns, dass Gleiches auch für den Namen jedes Menschen gilt: Es ist der Kanal, durch den die Energie der Seele den Körper erreicht.8 Es wird gesagt, dass Eltern einer Schimmer G-ttlicher Inspiration erhalten, wenn sie ihrem Kind einen jüdischen Namen geben.9

Namensgebung des Babys

Ein Junge erhält bei seiner Brit Mila (Beschneidung) seinen Namen. Falls seine Brit Mila verschoben wird, sollte sein Vater ihm einen Namen noch vor der Brit Mila geben, wenn er zur Tora gerufen wird. Doch meist herrscht der Brauch, mit der Namensgebung zu warten, bis die Brit Mila vollzogen wurde.10 Ist der Junge ein Erstgeborener, bei dem noch keine Brit Mila stattfinden konnte, muss der Namen bei der Pidjon HaBen-Zeremonie gegeben werden.11 Denn bei einem gesundheitlichen Problem möchten die Freunde für seine schnelle Genesung beten, weshalb der Junge schon vorher benannt werden sollte.12

Einem Mädchen wird der Name bei einer Tora-Lesung nach ihrer Geburt gegeben. In Chabad-Gemeinden ist es Brauch, das Mädchen bei der nächstmöglichen Tora-Lesung zu benennen.13 Diese Tora-Lesungen finden montags und donnerstags statt, sowie am Schabbat und an anderen besonderen Tagen im jüdischen Kalender. Oft wird mit der Namensgebung bis Schabbat gewartet, damit sie in Gegenwart einer größeren Gemeinschaft erfolgen kann.14 Die Namensgebung wird mit einem Fest gekrönt,15 um in diesem Moment den Eintritt der Seele in den Körper zu feiern.

In sephardischen Gemeinden wird die Zeremonie der Namensgebung für eine Tochter Seved HaBat oder "die Vorstellung der Tochter" genannt. Ein besonderes mi scheberach – Gebet erfolgt zusammen mit einigen anderen Gebeten während einer festlichen Mahlzeit.

Wer bekommt das Recht, den Namen zu geben?

Zur Frage, wer den Kindern die Namen aussuchen darf: In einigen Kreisen wählt der Vater den Namen des ersten Kindes, die Mutter den Namen des zweiten Kindes und dann fahren sie abwechslungsweise fort.16 Der Lubawitscher Rebbe schreibt,17 dass bei nicht festgelegtem Brauch in der Familie oder der Gemeinde, diese Abwechslung übernommen werden soll, weil diesem Brauch alte Quellen zugrunde liegen.

Es gibt aber auch Gemeinden, da wählt die Mutter den ersten Namen, der Vater den zweiten Namen.18

Es muss aber stets sichergestellt werden, dass beide Elternteile mit dem Namen einverstanden sind und er nicht einseitig bestimmt wird.19 Welcher Ehepartner den Namen für das erste Kind vorschlägt, ändert nichts am beidseitigen Einverständnis der Endentscheidung.

Das Benennen nach Verwandten

Nach aschkenasischem Brauch wird ein Baby nicht nach einer lebenden Person benanntNach aschkenasischem Brauch wird ein Baby nicht nach einem Lebenden benannt, sondern nach Verwandten, die bereits von uns gegangen sind.20 er Grund ist, dass es für jene in die bessere Welt übergegangene Person besonders wertvoll ist, einen Nachkommen zu haben, der nach ihr benannt wurde. Falls der Name zu Lebzeiten des Namensträger gegeben wird, ist das in derselben Familie nach seinem Ableben nicht mehr möglich.

Wurde das Baby jedoch bereits nach einem Lebenden benannt, sollte sein Name nicht abgeändert werden. Doch soll dieser Name nicht als sein Hauptname verwendet werden. Insbesondere, wenn das Baby nach einem anderen verschiedenen Verwandten benannt wurde und die Eltern erst später bemerkten, dass dieser Name von einem lebenden Großelternteil ebenfalls getragen wird.21

In sephardischen Gemeinden wird das Benennen des Kindes nach einem lebenden Verwandten, aber auch nach einem in die bessere Welt übergegangenen gefördert. Es wird als eine Ehre für jenen Verwandten angesehen.22

Benennen nach einem Rebben

Viele Chassidim benennen ihre Kinder nach ihren Rebben.23 Soll jedoch ein Verwandter gleichen Namens auf diese Art mit geehrt werden, so ist es besser, dass Kind nicht nach einem Rebben zu benennen, da es unangemessen ist, den Namen des Rebben mit dem eines Menschen minderer Heiligkeit zu kombinieren.24

Unterschiedliche Namen für die Geschwister

Zwei Geschwister dürfen nicht denselben Namen tragen.25 Das ist eine Vorsichtsmaßnahme um den "bösen Blick" zu vermeiden. (vgl. Artikel: "Glaubst Du an den Bösen Blick?") Geschah dies jedoch versehentlich, so muss einer der Kinder einen zusätzlichen Namen erhalten, der fortan der hauptsächliche Name ist.26

Stirbt ein Kind sehr jung, G-tt behüte, sind einige halachische Autoritäten der Ansicht, dass keinem anderen Kind derselben Familie derselbe Name gegeben werden darf, - doch es gibt auch andere Meinungen.27

Das Benennen nach einer frevelhaften Person

Es ist verboten, seinem Kind den Namen eines Rascha (schlechten Person) zu geben.28 Dazu sagt der Vers29: "Der Name des Übeltäters soll verfaulen und nie wieder in Erinnerung gerufen werden." Außerdem könnte der Name einer schlechten Person den Charakter des Kindes negativ beeinflussen.30

Tragischer Todesfall

Ein hinzugefügter Name wird fortan als hauptsächlicher Name verwendetEs ist Brauch, ein Kind nicht nach einem in jungen Jahren auf tragische Weise ums Leben Gekommen zu benennen.31 Die Eltern sollten den Namen leicht verändern oder einen anderen Namen hinzufügen, der als hauptsächlicher Name verwendet wird. Wurde er jedoch zum Märtyrer, der G-ttes Namen geheiligt hat, wie z.B. im Holocaust, wo Juden einzig und allein für ihr Jüdischsein ermordet wurden, ist es tugendhaft, ein Kind nach diesem Menschen zu benennen.32 Rabbi Mosche Feinstein schreibt,33 dass nach einem in jungen Jahren durch natürliche Ursachen Abgeschiedener, durchaus ein Kind benannt werden kann. Diese Regel gilt besonders, wenn er ein angesehener Zaddik (gerechter Mensch) war.

Diese Regel braucht nicht beachtet zu werden, wenn das Kind nach einem Eltern- oder Großelternteil benannt wird.34

Namensänderung

Wurde der Name von einer Drittperson, wie z.B. nicht von den Eltern, gegeben, können diese einen anderen Namen wählen, der zum bereits vorhandenen Namen hinzugefügt wird.35

Einem von schwerer Krankheit befallenen Kind, ist es eine Segula (ein besonders günstiger, spiritueller Akt), ihm einen zusätzlichen Namen hinzuzufügen, der dem Kind ein zusätzliches Masal (glückliche Fügung) bringen kann. Der hinzugefügte Name markiert Heilung oder langes Leben: Für Jungen Chaim (Leben), Chai (Lebendig), Refael (der Engel der Heilung), Alter (ein schon lange Lebender). Für Mädchen Chaja (Lebendige), Alte (eine schon lange Lebende). Wo ein Name hinzugefügt wurde, wird dieser Name zum hauptsächlichen Namen.36 Der neue Name wird offiziell an der Tora-Lesung hinzugefügt, indem der Text des Mi Scheberach (Gebet) verwendet wird. Jener den Namen bekommende Frau oder Mann sollte in diesem Moment eine Alija erhalten.37

Mit dem Namen zur Tora aufgerufen werden

Ein Mann wird mit seinem jüdischen Namen und dem jüdischen Namen seines Vaters zur Tora gerufen. In Jemenitischen und einigen sephardischen Gemeinden wird der Name nicht ausgerufen, sondern die Ankündigung "Ja'amod Kohen" (der Kohen wird gebeten, sich zu erheben) ausgerufen und jener Mann, den der Gabbai für diese Ehre vorgesehen hat, nähert sich der Tora.38

Hat der zur Tora Gerufene zwar eine jüdische Mutter, jedoch keinen jüdischen Vater, soll er beim Namen seines Großvaters mütterlicherseits gerufen werden.39 Halachische Autoritäten sagen, er soll "Ben Awraham" (der Sohn unseres Patriarchen Avraham) gerufen werden40

Beten für eine kranke Person

Beten wir für einen Kranken oder Hilfsbedürftigen, erwähnen wir seinen Namen und den jüdischen Namen seiner Mutter. Da jüdische Identität über die Mutter weitergegeben wird, ist es die Mutter, die die Seele zu G-tt verbindet.41

Wenn wir für einen Nichtjuden beten, sollte sein Name und der seines Vaters erwähnen werden.

Beim Schreiben eines rechtskräftigen Dokumentes

Die korrekte Rechtschreibung des Namens ist von großer BedeutungBeim Schreiben eines Dokuments, das nach jüdischem Gesetz rechtsgültig ist, wie z.B. eine Ketuba (Ehevertrag) oder ein Get (Scheidungsbrief), muss der dort verwendete Name derjenige sein, mit dem dieser Mensch während den vorangegangenen 30 Tage gerufen wurde. Die korrekte Rechtschreibung des Namens ist wichtig, und sollte nur durch einen Menschen erfolgen, der sich mit dem jüdischen Gesetz auskennt.42

Name eines potentiellen Ehepartners

Rabbi Jehuda Hechassid schrieb in seinem Testament,43 dass ein Mann keine Frau mit gleichem Namen wie seine Mutter heiraten soll, und keine Frau soll einen Mann heiraten, der denselben Namen wie ihr Vater trägt. Halachische Autoritäten sagen, dass dieses Testament nur für Rabbi Jehuda Hechssids eigene Nachkommen gedacht war, obgleich es als guter Rat für jeden gilt.44

Der Grund dafür ist, dass der betreffende Name oft für den Ehepartner verwendet und daher nicht mit demselben Respekt erwähnt wird, wie es dem Namen der Eltern gebührt.45

In der Praxis legt der Zemach Zedek (im Namen Rabbi Schneor Salman von Liadi) fest, dass die Empfehlung, ein Mann möge keine Frau gleichen Namens wie seine Mutter heiraten, als bindend betrachten werden soll, denn es wird auch in Mischnat Chassidim46 erwähnt, die sich auf die Schriften des Arisals stützen. Umgekehrt gilt für eine Frau, deren zukünftiger Ehemann denselben Namen wie ihr Vater trägt, mehr Nachsicht. Der Talmud47 zitiert mehrere Beispiele von Rabbinern, deren Namen identisch mit den Namen ihrer Schwiegerväter waren.48

Kommt es nun vor, dass der angehende Ehepartner denselben Namen wie einer der Elternteile trägt, wird das Problem gelöst, indem der zukünftigen Ehepartner einen Namen hinzugefügt bekommt, so dass die Namen nicht länger identisch sind.49