Um diese Zeit fangen vielerorts die neuen Schuljahre an; und da ist es, wie immer, angebracht, der Erziehung unserer Kinder einige ernste Gedanken zu widmen. Mehr noch: es ist nicht nur wichtig, die Befähigungen der Lehrer erneut zu überprüfen, sondern auch die der Leiter und Geschäftsführer der jüdischen Schulen und Erziehungsinstitute kritisch zu beurteilen. Sowohl ihre Fähigkeiten wie ihre ganze Haltung sind von unmittelbarem Einfluss auf die Qualität und die Quantität der Tora-Unterweisung, die unsere Kinder genießen. Sie legen die Lehrpläne fest; sie wählen die Stoffe aus; sie entscheiden, was die Kinder lernen und was nicht. Wir haben diese Lehrer und diese Geschäftsführer ernannt, weil sie pädagogische Fachleute sind; in ihre Hände haben wir die jüdische Erziehung unserer Jugend gelegt, – eine der wichtigsten Aufgaben, die es gibt.

"Fachmännisches Können" könnte als Überschrift über der folgenden chassidischen Geschichte stehen:

Es war eine unruhige Zeit in Osteuropa, eine Zeit von Ausschreitungen gegen die Juden. Tumulte und antijüdische Pogrome waren fast alltägliche Vorkommnisse, und die jüdische Gemeinschaft hatte schreckliche Verluste an Leib und Gut zu beklagen. In einem dieser Überfälle auf wehrlose Juden hatte ein ungehobelter Bauer sein unglückliches Opfer seines ganzen Eigentums beraubt – einschließlich eines kleinen Samtbeutels. Als der Bauer diesen Beutel öffnete, fand er darin zwei kleine, schwarze Kapseln aus Leder, mit langen Lederriemen darum gewickelt. Es handelte sich natürlich um ein Paar Tefillin, aber der Dieb hatte nicht die leiseste Idee, was dies sein könnte. Er beschloss, bei seinem nächsten Aufenthalt in der Stadt diese seltsamen Objekte auf dem Markt zum Verkauf anzubieten.

Diese Gelegenheit bot sich einige Wochen später. Er stand auf dem Marktplatz und bot verschiedene Sachen, die er bei dem Pogrom gestohlen hatte, zum Verkauf an; darunter waren auch die Tefillin. Ein jüdischer Kaufmann, der zufällig vorüber ging, sah die Tefillin, die der Dieb in seinen groben Händen hielt. Er war sich sofort darüber klar, dass diese gestohlen sein mussten – denn Tefillin waren eindeutig nicht die Handelsware nichtjüdischer Dörfler! "Wahrscheinlich hat der Schurke sie einem Juden während eines Pogrom weggenommen," dachte er. So ging er auf den Bauer zu, zeigte auf die Tefillin und fragte schroff und scharf: "Woher habt Ihr diese? Von wem habt Ihr sie gestohlen?"

Der Dieb sah sich in einer Zwangslage. Er musste geschwind mit einer Antwort bereit sein; es kam ihm der Einfall, dass diese Dinge wohl eine Art Fußbekleidung sein müssten. Waren sie denn nicht aus Leder hergestellt? So setzte er eine sehr entrüstete Miene auf und sagte ganz von oben herab: "Wie könnt Ihr es wagen, mich des Diebstahls zu beschuldigen? Bin ich doch, Sam Sapozhnik, selbst ein Schumacher!"

Der Dieb konnte nicht verstehen, weshalb mehrere jüdische Vorübergehende (die stehen geblieben waren, um zuzuhören) in bitteres Gelächter ausbrachen.

Was Wissen und Kenntnis betrifft, wird es sich normalerweise niemand anmaßen, Ratschläge zu geben oder zu kritisieren, wenn er nicht selbst das Lehrfach genau kennt. Sonst würde ihn ja auch jeder für das halten, was er in Wirklichkeit ist – ein Unwissender und dazu ein Angeber! Ein Gymnasiast zum Beispiel, der nur die elementare Physik gelernt hat, würde ausgelacht werden, wollte er die neuesten physikalischen Forschungen kritisieren. Wollte er qualifizierten Physikern "neue Methoden" vorschlagen, würde man ihn einfach ignorieren.

Und dennoch sehen wir uns gerade auf dem Gebiete von Tora und Judentum immer wieder Theorien und Philosophen gegenüber, die von pädagogischen "Sapozhniks" vorgebracht werden – Schustern, die nicht einmal den Unterschied zwischen Tefillin und Schuhen kennen. Im jüdischen Leben betrachtet sich fast jeder als Fachmann. Jeder fühlt sich berufen, seine Meinung zum besten zu gehen und darzutun, welche Teile der Tora "gut" und "logisch" sind, und welche nicht. Jeder weiß Mizwot zu nennen, die zu halten "sich lohnt", und Mizwot, die "nicht mehr angebracht" sind.

Es ist schon traurig genug, wenn man derartige Ansichten im Laufe von akademischen, theoretischen Diskussionen hört. Die Sache wird jedoch äußerst gefährlich, wenn solche "Schuster", die selbst dem Judentum entfremdet sind und nie die Tora wirklich studiert haben, praktische Entscheidungen über die Tora-Erziehung unserer Kinder treffen ...