Was macht ein jüdisches Haus jüdisch? Nun ja, es hat eine Mesusa am Türpfosten, jüdische Bücher im Büchergestell, Gäste sind herzlich willkommen und wenn eine bedürftige Seele an der Türe klopft, geht sie nicht mit leeren Händen weg.
Und dann hat es noch eine kleine Büchse, die irgendwo auf einem Regal herumsteht. Jeden Tag werden einige übrige Münzen hineinbefördert, vor Schabbat noch ein paar mehr. Wenn es voll ist, geht es an einen wohltätigen Zweck, der die Familie dafür auswählt.
Möglicherweise verfügt das Haus über eine moderne Unterhaltungsanlage, vielleicht das neueste Computermodell, zudem noch teure Haushaltsgeräte und sonstige Gegenstände. Aber keine dieser Dinge hat einen derartigen Einfluss auf das Leben von Menschen, füllt das Haus mit solcher Bedeutung und Schönheit wie die Puschke (Jiddisch für kleine Büchse).
Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten wohltätig zu sein. Was ist dann so besonders an der Puschke?
„Häufigkeit“ heisst das Zauberwort
„Wie oft“, sagt Maimonides, ein Gelehrter aus dem 12. Jahrhundert, „ist wichtiger als wie viel“.
Warum? Weil, wenn man einen Check über 365.- Euro schreibt, so erhält ein guter Zweck 365.- Euro. Gibt man hingegen einen Euro jeden Tag während 365 Tagen, so wird die Hand zu einer stetig Gebenden. Wie es ein unbekannter jüdischer Gelehrte ausdrückte: „Ein Mensch wird mehr beeinflusst, durch die Dinge, die er tut, als durch das Wissen, das er gelehrt wurde“.
So wenn du steigen willst, bringe Erhabenheit in deine Gewohnheiten. Wie das Legen von Münzen in die Puschke.
Heiliger Raum
Und nicht nur du, durch deine Puschke wird auch dein ganzer Lebensraum erhaben. „Eine Puschke zu Hause oder im Büro“, lehrte der Lubawitscher Rebbe, „definiert den gesamten Raum neu. Es ist nicht mehr nur ein Haus oder ein Büro. Es ist ein Ort von Mitmenschlichkeit und Warmherzigkeit“.
Deshalb schlug der Rebbe vor, die Puschka zum permanenten Inventar einer Wohnung oder eines Büros zu machen. Befestige es an die Wand. Oder besser gesagt: Befestige deine Wohnung an die Puschke.
Erhabene Augenblicke
Dann ist da noch deine Zeit. Zeit kann auch erhoben werden. Eine Tat erhebt die Zeit in der sie vollbracht wurde. Viele Taten – auch wenn sie noch so gering erscheinen mögen – erheben noch viel mehr Zeit. Deshalb lehrte uns der Baal Schem Tov: „Lasse keinen Tag verstreichen ohne zu geben“.
Die Kabbalisten nennen dies „das Erheben von Zeit, Raum und Person“. Du kannst es aber auch nennen „eine bessere Welt machen“.
Übe keine Wohltätigkeit
Wohltätigkeit, wie jedermann weiss, bedeutet ein netter Kerl zu sein und demjenigen Geld zu geben, der weniger hat. Darum üben Juden keine Wohltätigkeit. So was gab es noch nie bei uns.
Denn jedermann weiss, dass das, was wir haben uns eigentlich nicht gehört. Wir sind lediglich Schatzmeister, so lehren unsere Weisen, und alles, was in unseren Händen landet ist dazu da, für gute und wertvolle Zwecke eingesetzt zu werden. Wie unsere Kinder zu erziehen. Oder koscheres Essen zu kaufen. Oder es Menschen zu geben, die sich, was sie brauchen, nicht leisten können.
Statt Wohltätigkeit zu üben, geben Juden Zedaka. Zedaka bedeutet „das Gerechte zu tun“. Dein Zeug dorthin zu tun, wo es eigentlich hinhört. So wirst du am meisten Nutzen und Freude von deinem Geld haben – weil es dort ist, wo es hingehört.
Es ist eine Besessenheit
Seit wir aus der Unterdrückung im alten Ägypten befreit wurden, beschäftigt sich das jüdische Volk, wie besessen, mit Zedaka. Als im 4. Jahrhundert der römische Kaiser Julian in jeder Stadt das Bauen von Herbergen für Durchreisende anordnete, nahm er Bezug auf das Beispiel der Juden „in deren Mitte jeder Fremde aufgenommen wird“. Historische Aufzeichnungen aus jeder Zeit, in der es Juden gab, zeugen von mannigfaltigen Aktivitäten – zinslose Darlehenskassen, Heiratsfonds, Fonds für Witwen, Hilfe für Waisen, neue Mütter und vieles mehr. Es gab keinen Juden, der nicht entweder gab oder bekam – oft auch beides.
Heute, wo jüdische Werte weltweit angenommen wurden, sind es immer noch die Juden, die einen signifikant grösseren Beitrag an sowohl jüdische als auch nicht-jüdische Zwecke leisten, als die übrige Bevölkerung. Zedaka zu geben ist eines der Dinge, auf das wir sehr stolz sind.
Selbst ist der Mann (und Frau und Jugendlicher und Kind!)
Falls du noch keine Puschke besitzt, kannst du eine selbst machen. Alles, was du dazu brauchst, ist eine Schachtel oder Büchse jeglichen Materials – Zinn, Holz, Karton oder was auch immer – mit einem Schlitz oben um die Münzen reinzutun. Wir schlagen vor folgende Anleitung zu übernehmen:
Gebrauchsanleitung
● Strategisch günstiger Ort für maximale Sichtbarkeit im Büro und/oder zu Hause wählen
● Gewöhne dich daran. Werde davon besessen. Lege jeden Tag einige Münzen hinein. Mache diese Tat zum Mittelpunkt deines Tages. Jeden Tag (ausser am Schabbat und Jom Tov, wenn das Anfassen von Geld verboten ist).
● Ist es voll, wähle einen würdigen Zweck. Setze dich mit ihnen in Verbindung.
Wichtig! Zusätzliche, zufallsgenerierte Zedaka jenseits des Verstandes sind das Tüpfelschen auf dem „i“!
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