Als Rabbi Jisroel, der Rischiner Zadik, im Sterben lag, rief er seine Söhne zu sich, erläuterte ihnen Chasidut und ermahnte sie, den richtigen Weg zu gehen. „Der Schöpfer muss in eurem Geist immer Vorrang haben, und ihr müsst ihm gehorchen. Das ist das Wichtigste“, sagte er.

Die Söhne hörten stumm zu und wussten, dass ihr Vater ihnen die höchsten Wahrheiten des Lebens verkündete. Rabbi Yisroel fuhr fort: „Väter vermachen ihren Kindern etwas – aber was kann ich euch geben? Ich besitze nichts Besonderes. Darum hinterlasse ich euch Teile meiner selbst, jedem etwas anderes. Aber ihr seid nicht auf mein Vermächtnis beschränkt. Ihr müsst nur härter arbeiten, um zu erreichen, was eure Brüder bekommen haben.

Dir, meinem Erstgeborenen, Reb Scholom Josef, hinterlasse ich mein Aussehen. Dir, mein Sohn Awraham Jaakow, hinterlasse ich mein Gehirn. Du mein Sohn, bekommst meine Weisheit. Und dir, meinem Jüngsten, Mordecha’le, vermache ich mein Wissen über G–tt. Denkt alle daran: Was ein Mensch durch eigene Anstrengung erreicht, ist viel wertvoller als alles, was andere ihm geben. Wenn ihr euch bemüht, den Schöpfer zu verstehen, könnt ihr eines Tages sagen: ‚Das ist mein G–tt.‘“

Dann ging der Zadik in die andere Welt ein. Seine Söhne beschlossen, das Trauerjahr in der Stadt zu verbringen, in der ihr Vater seine letzten Tage verbracht hatte. Sie teilten den Grundbesitz des Vaters einvernehmlich unter sich auf. Aber die Tefillin des Vaters wollte jeder Sohn für sich haben. Sie waren einzigartig, und ihrem Vater waren sie wichtiger gewesen als alles andere.

Sie hatten seinem Urgroßvater gehört, dem Baal Schem Tow, und einer seiner Schüler hatte sie üppig beschriftet. Danach wurden sie vom Vater an den Sohn weitergereicht. Rabi Awraham „der Engel“ gab sie seinem Sohn Rabbi Schalom von Prowitsch, dieser hinterließ sie Rabbi Jisroel. Diese Tefillin waren so neu wie an dem Tag, als sie beschrieben worden waren, und obwohl Rabbi Jisroel sie mehrmals im Jahr genau untersucht hatte, musste er sie nie reparieren.

Man erzählte viele wundersame Geschichten über diese Riemen. Einmal hatten die russischen Behörden Rabbi Jisroel verhaftet. Da er fürchtete, seine kostbaren Tefillin würden im Gefängnis Schaden nehmen, gab er sie einem guten Freund zur Aufbewahrung. Als er entlassen wurde, eilte er zu seinem Freund, um die Tefillin zurückzuholen.

Als er sie untersuchte, sah er zu seinem Entsetzen, dass eine dicke Schicht Mehltau sie überzog. In der Hoffnung, sie zu retten, ließ er einen Schreiber rufen – aber als der Mann kam und die Riemen prüfte, waren sie perfekt, und der Mehltau war verschwunden. Für Rabbi Jisroel war dieses Wunder ein Zeichen dafür, dass er sich nie von seinen Tefillin trennen durfte.

Schließlich fanden die Brüder eine Lösung. Jeder schrieb auf einen Zettel, worauf er zugunsten der Tefillin verzichten würde. Wer am meisten bot, sollte sie bekommen.

Jeder steckte seinen Zettel in einen Umschlag. Doch im letzten Augenblick beschlossen sie zu losen. Reb Dawid Mosche war nicht überrascht, als sein Name gezogen wurde.

„Diese Tefillin“, sagte er zu seinen Brüdern, „gehören seit vielen Jahren mir. Einige Monate vor meiner Bar Mizwa rief Vater mich zu sich und erklärte mir alle Gebote rund um die Tefillin. Dann kniff er mich in die Wange und sagte: ‚Mein Sohn, ich habe für dich ein Paar Tefillin versteckt, die wertvoller sind als alle Schätze der Welt. Ich bewahre sie für dich auf und behüte sie.‘ Kurz vor meiner Bar Mizwa ließ er mich wieder rufen. Ein Schreiber bereitete ein Paar Tefillin für mich vor. Ich fragte mich, wieso diese Tefillin so kostbar seien. Darüber wunderte ich mich viele Jahre lang. Aber jetzt verstehe ich, was Vater meinte. Jetzt sind die kostbaren, einzigartigen Tefillin, die er mir versprochen hat, endlich mein.“