Wenn wir über Purim lernen, so erfahren wir von zwei besonderen Festmahlzeiten – die eine schmaust sicher jeder mit seiner Familie am Purim-Tag, die zweite ging in die Geschichte als das 187 Tage dauernde Festmahl des Perserkönigs Achaschwerosch ein. Auch die Juden, welche sich damals in der babylonischen Galut (Babylon wurde durch Persien erobert) befanden, waren zu diesem Event eingeladen.
Unseren Weisen zufolge1 aber war gerade ihre Teilnahme an diesem Festmahl Grund für das Unglück, das sie fast heimgesucht hätte – das geplante Pogrom Hamans das ganze jüdische Volk mit einem Male zu vertilgen!
Doch alles koscher!?
Was hatten aber die Kinder Israels mit ihrer Teilnahme an des Königs Feier verbrochen, dass G-tt ein solches Unglück auf sie senden wollte? Der König lud sie ein, d.h. er zwang sie; wie hätten sie sich weigern können? Es wurden sogar auf besonderen Wunsch Mordechajs koschere Speisen, und nur mit den besten Koscher-Zertifikaten, für die jüdischen Gäste bereitet, sodass sie sorgenlos an der Festmahlzeit zu Ehren des Königs teilnehmen konnten.2
Einige Kommentatoren3 erklären, dass das jüdische Volk mit der Vertilgung bestraft werden sollte, weil es sich an einem Festmahl erfreute, dass der Zerstörung des Ersten Tempels gewidmet war. Dennoch aber scheint die Strafe der totalen Vertilgung völlig übertrieben, vor allem da sie doch auch Kinder, ja selbst Babys, betraf, welche sich gewiss nicht an der Mahlzeit beteiligten!
Wem vertrauen?
Das jüdische Volk in der Galut wird mit „einem Schaf umkreist von siebzig Wölfen (den Völkern der Welt)” verglichen, „und der große Schäfer (G-tt) ist es, der Israel hütet.“4 Die Existenz der Kinder Israels also sichert einzig G-tt selbst, denn auf natürlichem Wege wäre das Schaf schon längst von den siebzig Wölfen zerfleischt worden.
Wann aber hütet G-tt das jüdische Volk auf wunderliche Weise – wenn es seine Bindung zu Ihm auch aufrecht erhält und sein ganzes Vertrauen nur in G-tt setzt! Aber sobald Israel sich dieser Obhut entzieht, indem es die Macht der Völker um sich anerkennt und das Schicksal seiner Existenz in ihren Händen sieht, entbindet es sich der g-ttlichen Obhut und wird somit nun durch das „Gesetz der Natur“ beherrscht!
Die Situation des jüdischen Volkes im Perserreich glich dem eines Schafes umkreist von siebzig Wölfen. Und dies wurde ausschlaggebender durch die Erhebung Hamans über alle Fürsten des Königs, welcher berüchtigt für seinen skrupellosen Judenhass war. Die Juden, in einer solchen Lage, hätten wissen müssen, dass nur G-tt sie vor allem Verderben hüten kann, dennoch aber erfreuten und amüsierten sie sich an dem Festmahl des Königs und zeigten allen stolz, wie sehr sie dem König huldigen und ihn als den mächtigsten Herrscher (der alle Fäden zieht) auf Erden ansehen. Sie entfernten sich von der g-ttlichen Obhut ohne es vielleicht zu merken, doch dies brachte beinahe dieses schreckliche Pogrom über sie; nicht der Strafe G-ttes wegen, sondern als natürliche Folge für ihr Verhalten (denn ein Schaf, welches seinem Hüter entläuft, wird eben von den siebzig Wölfen, die es umzingeln, zerfleischt).
Doch nur G-tt!
Purim lehrt uns einerseits über die unzertrennliche Bindung G-ttes zu uns, denn Er ist immer bereit unser „Schäfer“ zu sein, und andererseits, dass es nur an uns liegt dieses Privileg zu schätzen.
Auch heute befindet sich das jüdische Volk und vor allem die jüdische Gemeinde im Heiligen Land im Visier der „siebzig Wölfe“. Nur das starke Vertrauen in G-tt kann unsere Existenz im Heiligen Land (und auf der ganzen Welt) sichern, nicht unser überhebliches Vertrauen in unsere eigenen Kräfte und ganz bestimmt nicht in die Kräfte anderer. Dieses Vertrauen in G-tt begleitet uns zum Pessachfest und von dort geradeaus in die endgültige Erlösung, denn „im Monat Nissan wurden sie erlöst und im Nissan werden sie erlöst werden“!5
(Likutej Sichot, Band 31, Seite 170)
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