Nächstenliebe, Freude und Tanz – das sind die Merkmale Purims! Man sitzt mit der Familie um den festlich gedeckten Tisch und speist ein königliches Mahl. In der Synagoge lauscht die ganze Familie der Purimgeschichte am Abend und tags darauf, man schickt Geschenke an Freunde und gibt Bedürftigen Almosen um auch sie an Purim zu erfreuen.

Zu Purim danken wir G-tt für all die großen Wunder, die Er für uns getan hat, um Sein Volk aus den Klauen des bösen Haman zu retten, der das gesamte jüdische Volk an einem einzigen Tag vertilgen wollte. Somit wäre das geplante Pogrom zu Purim schrecklicher als alle anderen Katastrophen gewesen, die das jüdische Volk je heimgesucht hatten! (Wie grausam und vernichtend die Schoa auch war, so betraf sie hauptsächlich die Juden Europas. Auch das Pogrom in der ägyptischen Sklavenschaft jeden Neugeborenen zu töten, betraf nicht ganz Israel.)

Falsche Übersetzung

Wir verdanken G-tt diese große Rettung, aber merkwürdigerweise ist das Buch Ester das einzige der Heiligen Schrift, in dem der Name G-ttes nicht ein einziges Mal erwähnt wird!

Einer Erklärung zufolge1 erwähnten die jüdischen Gelehrten G-tt nicht in der Ester-Rolle, da die Geschehnisse zu Purim auch in den Geschichtsbüchern des Perserkönigs niedergeschrieben wurden. Die persischen Schriftgelehrten hätten dann G-tt mit den Namen ihrer Götter übersetzt. Aber in der Verhüllung G-ttes in der Ester-Rolle verbirgt sich eine tiefere Bedeutung. Das würde auch den merkwürdigen Namen des Festes „PURIM“ erklären, welcher von dem Wort „PUR“ (Los) abgeleitet ist, durch das Haman den Tag festsetzte, an dem er das jüdische Volk vernichten wollte. Dieser drückt nur das schreckliche Pogrom aus, aber sicher nicht die große Rettung.

Fasttag

Um dem Geheimnis der absichtlichen Verhüllung G-ttes zu Purim auf den Grund zu gehen, müssen wir uns in die Geschichte Purims vertiefen, in die Taten Mordechajs und Esters um Hamans Plan zu vereiteln.

Das Buch Ester erzählt uns, dass Mordechaj ein angesehener Fürst am Hof des Königs war und seine Nichte Ester Königin! Sie hatten großen politischen Einfluss, welcher ihnen ermöglichte ihr Volk vor Haman zu retten. Aber sie gingen die Sache ganz anders an! Als Mordechaj und Ester von Hamans Plan erfuhren, riefen sie zuallererst das jüdische Volk zum Fasten und zur Tschuwa auf, Taten, die G-ttes Gnade erflehen sollten. Erst danach gingen sie den diplomatischen Weg.

Mordechaj und Ester wussten, dass diese große Bedrohung nicht wegen der Willkür Hamans allein auf Israel zukam. Es war G-tt, Der diese Gefahr kommen ließ um das jüdische Volk zur Tschuwa zu besinnen. Denn in den Jahren der Galut hatte es sich unter die Völker vermischt und ist von den Wegen G-ttes abgewichen. Mordechaj und Ester erkannten das Problem an der Wurzel. Israel musste Tschuwa tun! Erst als das vollbracht war, gingen sie daran das Pogrom auf natürliche Weise zu vereiteln, damit die Rettung auf natürlichem Wege stattfinden konnte.

Unauffällig

Hinter der Purimgeschichte verbirgt sich ein zentraler Grundsatz der jüdischen Weltauffassung: Alles, was auf unserer Welt geschieht, ist nicht zufällig! Alle Geschehnisse – sei es ein leichter Windstoß oder der Beginn eines Atomkriegs – sind nur Mittel und Zweck für die g-ttliche Absicht, die sich in jedem Ereignis verbirgt! Bei Gefahr weiß der Jude, dass diese durch g-ttliche Lenkung hervorgerufen wurde um ihn zur Tschuwa zu bewegen. Das Problem kann nur gelöst werden, wenn man seine geistige Quelle angeht und nicht nur seine Konsequenzen aufzuheben versucht! Deshalb sucht er nach Fehlern bei sich und strebt danach sie zu korrigieren.

Purim lehrt uns die Dinge nicht oberflächlich zu betrachten, sondern hinter die Kulissen zu schauen. Die Absichten G-ttes sind nur in natürliche Prozesse gekleidet. Deshalb der Name Purim; deshalb auch wird G-tt kein einziges Mal in der Ester-Rolle erwähnt, denn G-tt wirkt in der Welt und lenkt sie, auch ohne Sich in ihr jedem Auge zu offenbaren!

(Likutej Sichot, Band 6, Seite 189)