Angenehme Erinnerungen kamen Rabbiner Schmuel Taiszi ins Gedächtnis, als er im Flugzeug nach New York saß. Von dort sollte er nach Kolumbien weiterfliegen. Die schöne produktive Zeit, welche Rabbi Schmuel bei seinem letzten Aufenthalt in Kolumbien erlebt hatte, bewegten ihn dazu, das Land wieder zu besuchen. Er wollte die warmherzige Gemeinde wieder treffen, welche er während seiner Amtszeit als Direktor der einzigen, jüdischen Schule in Land kennen lernte.
Unter Rabbi Schmuels Leitung erlebte die Schule einen neuen Aufschwung. Sein wesentliches Streben lag darin, den Kindern dort eine fundierte jüdische Erziehung zu geben. Bevor er kam, lernten in der Schule jüdische und moslemische Kinder zusammen. Rabbi Schmuel konnte die seltsame Antwort des abtretenden Direktors nicht vergessen. Dieser sagte in stolzem Ton: „Das Exil hindurch fühlte sich das jüdische Volk an jedem Ort in der Minderheit. Ich wollte den Moslems jenen bitteren Geschmack zu kosten geben, und deswegen nahm ich einige von ihnen in der Schule auf.“ Rabbi Taiszi sorgte selbstverständlich dafür, dass die moslemischen Schüler in eine andere Schule gingen. Weiters gelang es ihm, eine prächtige Mikwe (Reinigungsbad) für die dortige Gemeinde zu errichten. Dies sind nur Teile der wunderbaren Errungenschaften, welche Rabbi Schmuel während seiner Tätigkeiten in jenem Land vollbracht hatte.
Als er seine Amtszeit beendete, kehrte er nach Israel zurück. Der Aufenthalt in Kolumbien hatte Rabbi Schmuel schöne Erinnerungen hinterlassen; und daher entschloss er sich, der jüdischen Gemeinde im Land einen Besuch abzustatten.
Rabbi Taiszis Zwischenlandung in New York dauerte einige Tage. Er wollte die Gelegenheit nutzen, um vom Lubawitscher Rebben gesegnet zu werden. Als er beim World-Chabad-Center – 770 – ankam, wurde ihm sogar die Ehre zuteil, den Rebben unter vier Augen zu sprechen. Rabbi Schmuel erzählte ihm über seinen Reiseplan. „Morgen, mit G-ttes Hilfe, steige ich in ein Flugzeug nach Kolumbien. Dort werde ich die Gemeindemitglieder besuchen, mit welchen ich gearbeitet habe.“
Der Rebbe hörte ihm ernst zu und erwiderte: „Sicher ist Ihnen die Sicherheitslage, sowie der politische Zustand in Südamerika bekannt. Wenn Sie dennoch fahren wollen, rufen Sie vorher in Kolumbien an und erkunden Sie sich, ob sich die Reise lohnt.“
Rabbi Taiszi verließ das Zimmer des Rebben sehr verwirrt. Er verstand nicht, wovor ihn der Rebbe zu warnen versuchte. „Ich bin doch schon dort gewesen“, dachte er sich. „Ich erinnere mich nicht an besondere Spannungen, die Grund genug wären, meine Reise zu stornieren.“ Da er vorhatte, doch zu fliegen, folgte er dem Rat des Rebben und rief einen seiner Freunde in Kolumbien an, um sich nach der dortigen Lage zu erkundigen. Er versuchte mit seinem engsten Freund in Kolumbien, Jakov Misrachi, Kontakt aufzunehmen. Dieser hatte Rabbi Schmuel bei der Errichtung der Mikwe sehr geholfen. Bei Jakov sah man ganz besonders seinen starken Glauben zu G-tt. Als Rabbi Taiszi nach Israel zurückkehrte und sich ihre Wege trennten, gab ihm Jakov seine Visitenkarte und verabschiedete sich von ihm mit folgenden Worten: „Die in Israel lebenden Juden werden ja die ersten sein, welche über das Kommen des Maschiachs erfahren werden. Daher bitte ich Dich mir sofort Bescheid zu sagen, wenn er sich dort offenbart...“
Jakov war nicht erreichbar. Auch mit dessen Bruder, Chaim, konnte Rabbi Schmuel telefonisch keinen Kontakt aufnehmen. Normalerweise ergab es keinerlei Schwierigkeiten, mit den beiden zu telefonieren. Aber dieses Mal waren alle Versuche gescheitert. Andere Telefonnummern von den Gemeindemitgliedern in Kolumbien besaß Rabbi Schmuel nicht. Was sollte er nun tun? Langsam begriff er, dass der Rebbe versuchte, seine Reise zu verhindern. Daher sorgte er für Hindernisse, welche die Reise nach Kolumbien erschweren sollten. In jenem Moment entschloss sich Rabbi Schmuel den Flug zu stornieren, koste es was es wolle. „Der Rebbe weiß, warum ich nicht nach Kolumbien fliegen solle“, sagte er vertrauensvoll zu sich. Daraufhin rief er die Fluggesellschaft Awinka an und stornierte seinen Flug. Bei einem weiteren Telefongespräch verlegte er seinen Rückflug nach Israel vor; und wenige Stunden danach befand er sich bereits in einem Flugzeug nach Israel.
Rabbi Taiszi bedauerte, dass die Dinge so kommen mussten. Er fühlte, dass sein Besuch in Kolumbien von größter Wichtigkeit wäre und diese Gelegenheit nun versäumt wurde. Er wollte so gerne die Gemeinde in Kolumbien besuchen, und aus irgendeinem ihm nicht begreifbaren Grund verhinderte der Rebbe dies.
Als Rabbi Schmuel Zuhause ankam, begriff er auf einmal alles. Aus den Nachrichten erfuhr er, dass der Rebbe sein Leben gerettet hatte. Das Flugzeug, auf welches Rabbi Schmuel hätte aufsteigen sollen, explodierte in der Luft auf seinem Weg nach Kolumbien. Alle Passagiere kamen ums Leben! In jenem Flug befanden sich einige Passanten, die mit Drogenschmuggel zu tun hatten. Laut polizeilichen Angaben hing die Explosion damit zusammen.
Die Katastrophe hatte der Fluggesellschaft Awinka sehr geschadet, welche die Einzige war, die Flüge nach Kolumbien anbot. Es dauerte lange, bis es wieder reguläre Flüge dorthin gab.
„Danke Rebbe“, flüsterten die Lippen von Rabbi Taiszi. Tränen flossen ihm über die Wangen „Danke, dass Du meine Pläne durchkreuzt und so mein Leben gerettet hast.“
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