„Ich habe mich am Ende durchgesetzt!“ verkündete stolz mein Freund nach dem Ausgang eines langen andauernden Rechtsstreits mit einem gemeinsamen Freund von uns. „Er wird sich nie wieder mit mir anlegen.“, fügte er hinzu. „Freust du dich nicht für mich?“

Ich hörte erstmalig von diesem Problem und erbat weitere Informationen, wobei mir immer mehr klar wurde, dass mein Freund zwar den Kampf gewonnen, den Krieg aber verloren hat: Der gewonnene Rechtsstreit hatte den Verlust des Freundes zur Folge.

Und so sagte ich ihm: „Aus unserer Wut heraus lassen wir uns in einen Kampf verwickeln. Danach lässt uns unser Ego weiterkämpfen.“ Menschen neigen dazu, sich bei Problemen sofort zu bekämpfen, selbst wenn das Problem nicht mehr relevant oder die ursprüngliche Bedeutung inzwischen unwichtig ist. Es geschieht „aus Prinzip“, um zu zeigen, wie sehr sie im Recht und der Gewinner sind. Noch viel wichtiger ist aber, dem Anderen zu zeigen, dass er verloren hat. Oft ist aber derjenige am Ende der Verlierer, der sich als „Sieger“ bezeichnete.

König Salomo, der Weiseste aller Zeiten, sagte: „Wo nicht Rat ist, da geht das Volk unter; wo aber viele Ratgeber sind, da geht es wohl zu.“ (Sprüche 11:14). Für mich bedeutet dies, dass wir so von unserem Ego und unserer Meinung überzeugt sind, dass wir einige sehr wichtige Punkte vermissen und am Ende mehr verlieren, als wir gewonnen haben.

„Was hätte ich tun sollen?“ wollte mein Freund wissen. „Ich war auf keinem Ego-Trip – ich war davon überzeugt, ums Prinzip zu kämpfen!“ Ich bot folgenden Rat an: „Wenn du einen Streit mit jemandem hast, ist es sinnvoll, die Meinung von drei Freunden einzuholen.“

Natürlich sollten die Befragten die nötige Fachkompetenz besitzen. Schließlich würdest Du keine finanzielle Beratung von einer Person annehmen, die Privatinsolvenz angemeldet hat, oder Dir einen Beziehungsrat von einem Geschiedenen holen. Es müssen auch Menschen sein, deren Ego nicht beteiligt ist, und die auf keinen Streit mit dem Anderen aus sind. Ihr Ratschlag wird daher so ausfallen, dass die Situation am besten gelöst wird. Sie sollten aber auch gute Freunde von Dir sein, – Freunde, die sich um Dich sorgen. Sie sollen Dir einen Ratschlag geben können und nicht das sagen, was du hören willst.

Es ist keine Schwäche, nach Rat zu fragen, sondern es sollte Dir bewusst werden, das Du nicht perfekt bist, aber klug genug, Dich beraten zu lassen. Immerhin bist Du so emotional an dieser Situation beteiligt, sodass Du einer unabhängige Meinung für die Klärung der Angelegenheit benötigst.

Zwar ist es immer erfreulich, ein Argument zu gewinnen. Es hinterlässt aber einen bitteren Nachgeschmack beim „Sieger“, wie auch beim „Verlierer“. Mein Freund musste sich deshalb entscheiden, ob der Verlust eines Freundes einen gewonnen Kampf wert war.