Schon als Kind träumte Josef Chaki davon, eines Tages ein erfolgreicher Geschäftsmann zu werden. Doch jedes Mal, wenn er sein Glück in der Geschäftswelt versuchte, erlitt er nur Verluste. Gutes Geld zu verdienen war ihm wohl nicht vergönnt. Josefs trübe Mine gehörte schon zum Alltag. Nach jedem gescheiteren Geschäft verbrachte er Wochen damit sich zu bemitleiden. Am liebsten hätte er sich in seinem Elend vergraben, um dem erbärmlichen Misslingen zu entfliehen.

Eines Morgens erfuhr Josef, der in Mexiko lebte, über eine Fahrt nach New York zum Lubawitscher Rebben, welche von einer kleinen Gruppe organisiert wurde. Er hörte schon einiges über die zahlreichen Wunder, welche der Rebbe vollbracht haben soll, und entschloss sich, an der Reise teilzunehmen. Womöglich würde der Segen des Rebben Josefs Lage retten und ihn endlich reich machen…

Josef, wie auch die anderen, waren aufgeregt. In wenigen Tagen würden sie sich im Haus des Lubawitscher Rebben befinden und ihm höchstpersönlich gegenüberstehen. Sie kamen in der Nacht an und begaben sich unverzüglich zu dem wohl bekannten Haus mit der Nummernzahl 770, wurden allerdings von einer riesigen Warteschlange überrascht. Um drei Uhr morgens war Josef endlich an der Reihe. Sein Herz pochte wie verrückt. Nun war es so weit, sein Traum würde sich erfüllen.

Der Rebbe blickte ihn mit zarten Augen an. Josef wäre beinahe dahin geschmolzen; doch er riss sich zusammen und stellte entschlossen seine Bitte: „Rebbe, ich will reich werden“, sagte er ihm so direkt es nur ging. „Ich habe keinen Erfolg in meinen Geschäften, und bitte Sie um Ihren Segen! Mein Wunsch ist es Multimillionär zu werden!“

Es herrschte Stille. Auf einmal wurde das Gesicht des Rebben ernst. Nach wenigen Momenten fiel schließlich die Antwort: „Es wäre gut, wenn Sie zusätzlich zu den Raschi-Tefilin auch Rabenu-Tam-Tefilin (zweites Paar Tefilin) anlegen würden!“ Josef hatte keinen blassen Schimmer, wovon die Rede war. Er legte bereits jeden Tag gewöhnliche Tefilin, doch von dieser Tefilin-Art hatte er nie zuvor gehört. Er nickte nur, bedankte sich beim Rebben für seine kostbare Zeit und verließ das Zimmer. Sobald er außerhalb des Gebäudes war, fragte er den ersten Chabad-Chassid, den er antraf, über jene Rabenu-Tam-Tefilin. Jener erklärte ihm, dass die vier Thoraabschnitte bei Rabenu-Tam-Tefilin eine andere Reihenfolge haben, als gewöhnliche Tefilin (Raschi-Tefilin). Viele strengreligiöse Juden legen beide Tefilinpaare. Und laut der jüdischen Mystik sind Rabenu-Tam-Tefilin sogar heiliger als Raschi-Tefilin.

Grundsätzlich hatte Josef nichts dagegen sie anzulegen, doch sie kosteten mehrere hundert Dollar. Und einen solchen Betrag besaß er nicht. Josef kehrte ohne neue Tefilin nach Mexiko zurück. Er war sich sicher, dass ihm seine Freunde die erforderliche Summe leihen würden. Doch sie schoben ihn ab. Für sie war dies schierer Aberglaube. Doch Josef gab nicht auf. Er würde alles in seiner Macht Stehende tun, um an die Tefilin zu kommen. Schließlich schaffte er es, den erforderlichen Betrag aufzutreiben und bestellte die Tefilin.

Seitdem Josef angefangen hatte, sie jeden Morgen anzulegen, wendete sich tatsächlich das Blatt. Für Josef begann eine irrsinnige Glücksträne. Die Geschäfte, in die er investierte, blühten auf. Er bekam ein Angebot nach dem anderen, es ging bergauf. Der Segen des Lubawitscher Rebben tat seine Wirkung.

Josef bemühte sich nun auch, mehr in seine Seele zu investieren. Er spendete Gelder an jüdische Institute, besuchte dreimal täglich die Synagoge und widmete sich regelmäßig dem Thorastudium. Josef war sehr eifrig, bis er sogar den Rabbiner bat, nachmittags in sein Büro zu kommen, um mit ihm die Thora zu lernen. In dieser Zeit nahm Josef keine Anrufe oder Sonstiges entgegen! So verlief es länger als ein Jahr. Josef hatte wahrlich das große Los gezogen. Er wurde zu einem wohl bekannten und erfolgreichen Businessman in Mexiko.

Es war ein wunderschöner Sommermorgen. Josef saß stolz auf seinem Chefsessel. Gerade eben verbuchte er mehrere hunderttausend Dollar auf sein Konto. Er stellte sich vor seinen Spiegel und blickte auf seine prachtvolle Person mit Zufriedenheit. Er hatte seinen lebenslangen Traum endlich verwirklicht. Nun war er ein Multimillionär! Der Hochmut stieg ihm zu Kopf. „Das habe ich alles alleine geschafft“, gab er auf einmal an. Er vertiefte sich in seine Überheblichkeit; und auf einmal durchging ihn der Gedanke: „Höre doch auf, Deinen Erfolg an G-tt, den Lubawitscher Rebben und die Tefilin zu knüpfen. Du, Josef Chaki, hast das alleine geschafft!

Josef wurde von seinem Hochmut so sehr eingeholt, dass er den Rabbiner anrief, um deren gemeinsames Lernen abzusagen. Seitdem ging er nicht mehr in die Synagoge, und hörte auch auf, die Rabenu-Tam-Tefilin anzulegen. Die erste Antwort für seinen Hochmut bekam Josef bereits wenige Tage später. Ein kleiner Fehler bei einem Geschäft verursachte ihm einen gewaltigen Verlust von vielen hunderttausenden Dollar. Dies war erst der Anfang seiner bevorstehenden Pechsträhne. Die Lage wurde so schlimm, bis selbst die Wirtschaftszeitungen davon berichteten. Daraufhin stornierten viele Partner jegliche Geschäfte mit ihm.

Der Grund für Josefs Niedergang war offensichtlich, und dies hatte er wirklich alleine verursacht! Schließlich begann Josef wieder die Rabenu-Tam-Tefilin zu legen und kontaktierte seinen Rabbiner. Doch nun tat er es nicht des Geldes wegen. Er wollte sich lediglich G-tt nähern, ohne jegliche Hintergedanken. Mit der Zeit stabilisierte sich auch seine finanzielle Lage, doch den wahren Reichtum erlangte er auf spiritueller Ebene – und das wusste er.