Mister Kotolov wanderte mit seiner Familie im Jahre 1987 aus Russland nach New York ein. Wie viele in der ehemaligen Sowjetunion, deren Erziehung atheistisch geprägt war, wusste er absolut nichts über sein Judentum, außer der Zugehörigkeit zu ihm. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als angestellter Taxifahrer, sieben Tage und Nächte in der Woche. Aber seine finanzielle Lage war unerträglich.

Eines Tages erfuhr er von einem Freund über einen jüdischen Rabbi, der immer sonntags jedem, der zu ihm kam, einen Ein-Dollar-Schein verlieh und ihn segnete. Schon am kommenden Sonntag fand er sich bei der berüchtigten Dollarverteilung vor. Als er vor dem Rebben stand, lächelte er ihn liebevoll an, und bevor Mister Kotolov ein Wort herausbrachte, drückte ihm der Rebbe einen Dollar in die Hand und sprach: „Wenn Du den Schabbat und die Feiertage einhältst — wird Dein Lebensunterhalt gesegnet sein!“ Verblüfft verließ Mister Kotolov den Lubawitscher Rebben. Woher wusste er von seiner finanziellen Lage, und was sind der Schabbat und die Feiertage, deren Einhaltung der Rebbe empfahl? Nach kurzer Unterredung wurde ihm klar, dass die Einhaltung des Schabbat bedeutete, auf den gewinnbringendsten Tag der Woche zu verzichten. Das war ein harter Kompromiss, aber das Antlitz des Lubawitscher Rebben packte ihn so sehr, dass er sich entschloss, den Schabbat um jeden Preis einzuhalten. Er eilte nach Manhattan zu seiner Taxizentrale, holte tief Luft und trat in das Büro des Managers, dass er ihm die Einhaltung des Schabbat gewähre. Dieser schlug dies sogleich ab.

Mister Kotolov versuchte den Manager mit allen Mitteln zu überreden, aber dieser blieb hartnäckig. Die Entschlossenheit des Taxifahrers, am Schabbat nicht zu arbeiten und die Hartnäckigkeit des Managers, ihm dies nicht zu gestatten, brachten Mister Kotolov zum Kochen. Wütend verließ er das Büro des Managers und krachte hinter sich die Tür zu, während er seinen Boss mit einer unglaublichen Fülle an russischen Schimpfwörtern überflutete. Selbst nachdem er das Gebäude verlassen hatte, wandte er sich zum Bürofenster seines Managers und fluchte ihn weiter. Völlig außer sich bemerkte er gar nicht, wohin er trat, und ungewollt rempelte er einen Herrn an, der gerade aus seiner Limousine stieg. Beinahe hätte er ihn umgeworfen.

„Haben Sie denn keine Augen im Kopf“, fuhr ihn der Herr auf Russisch an. Es war auch seine Muttersprache, und die russischen Schimpfwörter Mister Kotolovs waren ja nicht zu überhören.

Mister Kotolov wurde auf einmal ganz peinlich und unangenehm. Er entschuldigte sich höflichst bei dem wichtigen Herrn. Zu jener Zeit war Russisch in den Straßen Manhattans „keine Umgangssprache“, und dieser gemeinsame Faktor brachte die zwei zur Unterhaltung. „Als was waren Sie in Russland tätig?“, fragte ihn der Herr spontan. „Wasserinstallationsplanung“, erwiderte er. „Nicht zu glauben“, antwortete der Herr ihm überrascht. „Auch ich habe auf diesem Gebiet zu tun. Mir gehört die „American Fluming“, eine Firma für Installationsplanung. „Heute bin ich von einem Besuch aus Russland zurückgekehrt, wo ich auf interessante Installationstechniken gestoßen bin, die hier in New York nicht angewendet werden. Ich kam zu dem Entschluss, dass es gut wäre, mir einige grundlegende Techniken russischer Firmen anzueignen, und ich suche jemanden, der dieses Connecting-Projekt zwischen meiner und der russischen Firma in die Hände nehmen könnte. Wollen Sie diesen Auftrag übernehmen oder sind Sie derzeit anders beschäftigt?“

Mister Kotolov glaubte seinen Ohren nicht. Nur Augenblicke nachdem er seinen Job verloren hatte, weil er den Schabbat einhalten wollte, schlug man ihm eine traumhafte Arbeitsstelle auf seinem erlernten Gebiet vor! „Ich bin bereit, dieses Projekt in die Hände zu nehmen“, strahlte er vor Glück. „Wunderbar“, freute sich der Geschäftsmann. „Kommen Sie morgen in unser Büro in New Jersey“, sagte er und gab ihm seine Visitenkarte. „Sehen Sie“, räusperte sich Mister Kotolov vor Peinlichkeit. „Ehrlich gesagt bin ich arbeitslos und habe nicht einmal Geld für die Fahrt nach New Jersey“. „Kein Problem. Mein Chauffeur wird Sie einfach morgen um 8 Uhr in der Früh abholen. Geben Sie mir nur Ihre genaue Adresse...“

Am darauffolgenden Tag wartete eine prächtige Limousine vor Mister Kotolovs Haus. In New Jersey hatte man schon alle Verträge bereitgelegt und auch Mister Kotolov rüstete sich mit jederlei Urkunden. Die Kenntnisse des Ex-Taxifahrers waren für die Firma so dringend, dass sein holpriges Englisch da überhaupt nicht im Weg stand. Sie erklärte sich sogar bereit, ihm einen Intensivkurs in Englisch zu finanzieren. Bevor er aber die Verträge unterschrieb, stellte er mutig seine kompromisslose Bedingung: „Gestern entschloss ich den Schabbat einzuhalten. Werden Sie mir das gestatten?“

„Ich wusste nicht, dass Sie Jude sind“, sagte der Manager. „Fühlen Sie sich nicht beleidigt, wenn ich Ihnen das sage, aber ihrem Aussehen zufolge scheint es nicht, dass Sie wirklich wissen, was der jüdische Schabbat ist“. „Das ist wahr“, gab Mister Kotolov ehrlich zu. „Nun, wir haben in unserer Firma einen religiösen Juden, der Sie über den Schabbat aufklären kann. Bei uns können sie problemlos am Schabbat und jüdischen Feiertagen freibekommen“. Voller Lebensfreude machte sich Mister Kotolov an seinen neuen Job. Er lernte über den Schabbat und hielt ihn gesetzestreu ein, und mit der Zeit erfüllte er auch weitere Gebote. Der Erfolg begleitete ihn, und schon in seinem ersten Jahr verdiente er an die 100.000 Dollar!