Zehn Generationen nach Noah wurde Abraham als Sohn von Terach in Mesopotamien geboren. Terach war ein Götzendiener, der in Nimrod’s Königreich lebte. Im Alter von drei Jahren merkte Abraham instinktiv, dass es unlogisch ist, Statuen aus Holz und Stein anzubeten. Er forschte diesen Gedanken nach und kam nach einiger Zeit zu der Überzeugung, dass es einen G-tt gibt (Monotheismus), der allmächtig ist.

Von Anfang an kämpfte Abraham gegen den vorherrschenden Trend, eine Eigenschaft, die seine Nachfahren erbten. Er wurde der Ivri (wörtlich: „die andere Seite“) genannt, weil die ganze Welt auf einer Seite war und er auf der anderen. Wegen seiner „g-tteslästerlichen“ Überzeugungen warf Nimrod ihn in ein Feuer. Durch ein Wunder kam er jedoch unbeschadet heraus und verbreitete seine Ansichten in der Öffentlichkeit. Abraham war ein großer Philosoph und Astrologe. Im Talmud lernen wir: „Abraham war in der Astrologie sehr beschlagen. Alle Könige von Ost und West standen früh morgens an seiner Tür.“ (Talmud Bawa Batra 16b) Er zog nach Haran, wo G-tt mit ihm im Alter von 75 Jahren zum ersten Mal persönlich sprach und ihn anwies, sein Heimatland zu verlassen und ins Heilige Land zu ziehen. (Genesis 12:1)

Als G-tt sich Abraham offenbarte, war eines der ersten Dinge, die Er ihm sagte, dass sein Schicksal und das seiner Nachkommen nicht dem Einfluss der Himmelskonstellationen unterlegen sei. Deswegen solle Abraham sich nicht mit astrologischen Vorhersagen beschäftigen.

Im Heiligen Land lernte er Malki Tzedek, den König von Salem und Priester G-ttes, kennen (Genesis 14:18). Unsere Weisen identifizieren Malki Tzedek mit Schem, dem Sohn Noah’s. Es gibt Anzeichen dafür, dass Abraham die mystische Tradition von Schem gelernt hat. Nach der Ansicht einiger Autoritäten ist Abraham der Autor der Sefer Yetzira (Buch der Formation), eines der fundamentalen Werke der Kabbala.

Im Talmud steht geschrieben, dass Abraham, Isaak und Jakob in den Akademien von Schem und Eber gelernt haben. Es heißt weiterhin im Talmud, dass die Patriarchen die ganze Tora gehalten haben, bevor sie uns gegeben wurde. Wie war das möglich? Die Kabbalisten erklären, dass sie die Tora in ihrer geistigen Form hielten, denn erst nach Moses wurde die Toralehre in der dinglichen Form der Mitzwot (Gebote) offenkundig. Die Patriarchen waren sich jedoch sehr wohl des geistigen Flusses bewusst, der durch die Ausführung der Gebote bewirkt wird. Zum Beispiel zieht der Sohar eine Parallele zwischen der biblischen Erzählung von Jakob mit den Stöckchen, Futtertrögen und gestreiften Schafen (Genesis 30:37-43) und dem Gebot des Anlegens der Tefillin (das sind Lederkästchen und -riemen, die von jüdischen Männern getragen werden). Beide haben eine vergleichbare G-ttliche Ausstrahlung hervorgerufen. Nach Sinai war es jedoch G-ttes Wille, dass sich dieser spirituelle Fluss durch die Mitzwa des Tragens der Tefillin ausdrückt.

Abraham war sich auch der magischen und götzendienstlichen Verwendungszwecke, die von diesen Geheimnissen entwickelt werden konnten, voll bewusst. Der Talmud besagt, dass Abraham eine Abhandlung über Götzendienst besaß, die aus 400 Kapiteln bestand. Weiterhin lernt man im Talmud, dass Abraham die Geheimnisse „des okkulten“ den Kindern seiner Konkubinen beigebracht hat. Diese Tradition basiert auf dem Vers: „Den Söhnen der Konkubinen, die Abraham hatte, gab er Geschenke, und er sandte sie weg ... zu den Ländern des Ostens“ (Genesis 25:6). Diese Geschenke bestanden aus Geheimlehren, die sich dann in Asien ausbreiteten. Daher ist es kein Wunder, dass es in mehreren östlichen Religionen Parallelen zu kabbalistischen Lehren gibt.

Es gibt ein sehr einfaches und bemerkenswertes Beispiel der Überlieferung der Geheimlehren: Jedes Kind weiß, dass ein Zauberer die Formel „Abrakadabra“ benutzt. Diese Zauberformel ist nichts anderes als eine aramäische Version des hebräischen abra – Ich werde erschaffen, k’adabra - während ich spreche. Dies bezieht sich auf das Wissen der Schöpfung durch Buchstaben und Namen, wie es in der Sefer Yetzira beschrieben ist.

Als Nomade wanderte Abraham durch das ganze Land und verkündete seinen Glauben. Er war so erfolgreich, dass er Tausende zum Monotheismus konvertierte. Seine Methode war Liebenswürdigkeit: Er betrieb ein Hotel. Nachdem er den Wanderern zu essen und trinken gegeben hatte, gab er ihnen eine Einführung zum wahren Glauben. Daraufhin priesen sie G-tt den Ernährer. Abraham konvertierte die Männer und Sara die Frauen. Zusammen brachten sie viele Seelen unter die Flügel der Schechina, wodurch sie die Welt für G-ttlichkeit wieder sensibilisierten.

Diese heilige Arbeit wurde von Isaak, Abraham’s zweitem, Sohn, weitergeführt. Isaak war durch ein Wunder nach Abraham’s Beschneidung geboren worden, was darauf hindeutet, dass seine Nachkommen, die beschnitten sein würden, durch Wunder überleben würden. Bei der Akeida (Binden des Isaak) zeigte er erstaunliche Selbstbeherrschung und Selbstaufopferung. Diese Eigenschaften sind unauslöschlich in die jüdische Seele eingeprägt.

Jakob, Isaak’s Sohn, studierte in der Akademie von Schem und Eber, bevor er sich auf seine gefährliche Reise nach Mesopotamien zu seinem Onkel Laban begab. Auf seiner Reise legte er sich auf dem späteren Tempelberg schlafen. Dort hatte er den Traum der Leiter und der Engel, einen Traum voller kabbalistischer Geheimnisse, die in einem späteren Kapitel erklärt werden (siehe Kapitel 11, "Die Leiter"). Er zog die zwölf Stämme im Exil auf. Dann kehrte er zurück und wurde weiter herausgefordert. Schließlich ging er nach Ägypten, wo er eine Schule gründete. Dort brachte er insbesondere seinem Sohn Levi die überlieferte Lehre bei, und der Stamm Levi wurde der Stamm der israelitischen Priester. Damit waren die Voraussetzungen dafür gegeben, dass Levi’s Urenkel Moses die Israeliten aus ägyptischer Gefangenschaft führen konnte.