Zwei Phasen der Heirat

Laut Tora ist die Hochzeit ein Prozess in zwei Schritten. Der erste heißt Kidduschin und der zweite Nisu’in. Kidduschin wird allgemein mit Verlobung übersetzt, und diese macht das Paar auch zu Eheleuten. Nach diesem Punkt, sollten die beiden – G-tt verhüt – sich dazu entschließen, sich zu trennen, wird ein “Get” (jüdischer Scheidungsbrief) erforderlich. Wie dem auch sei, das Paar darf nicht als Eheleute zusammenleben bis nicht auch der zweite Teil, die Nisu’in, vollzogen.

Kidduschin:

Laut Tora gibt es drei Arten, sich mit einer Frau zu verloben:1 a) Eine Geldtransaktion. Der Mann gibt der Frau Geld oder irgendein wertvolles Objekt. b) Ein Dokument. Der Mann gibt der Frau ein Heiratsdokument, das seinen Willen, sie zu heiraten, zum Ausdruck bringt.2 c) Geschlechtsverkehr mit dem Ziel, die Ehe zu vollziehen.

In der Antike wurden zwei Phasen der Hochzeit an verschieden Orten begangenDie Rabbiner verboten den Geschlechtsverkehr zum Vollzug der Ehe und setzten diesen unter Strafe.

Damit die Trauung wirksam wird, braucht man für die Transaktion zwei koschere Zeugen.3

Die gängiste Art ist die Verlobung durch eine Geldtransaktion, wobei der traditionelle Heiratsbund für die Kidduschin verwendet wird. Neben den kabbalistischen Gründen für diese Tradition4 gibt es auch eine praktische Erklärung – ein Ring dient als ständige und leicht erkennbare Erinnerung an den Heiratswunsch des Paares. Zusätzlich werden alle Besitztümer der Eheleute am Ende sowieso Besitz der Familie und werden von den Mitgliedern derselbigen auch als solches behandelt. Ein Ring als Ausdruck der Transaktion stellt sicher, dass dieser nur der Frau gehört.

Nisu’in:

Die Nisu’in wird durch die Chuppa abgeschlossen – der Ehemann vereint sich mit der Ehefrau unter einem Dach. Siehe Chuppa für eine ausführliche Diskussion zu diesem Thema.

In der Antike wurden die beiden Phasen der Hochzeit an zwei verschiedenen Anlässen getan, oftmals getrennt durch ein gesamtes Jahr, in dem der Ehemann die Tora studiert. Kidduschin und Nisu’in wurden beide von einem Festmahl begleitet. Im 12. Jahrhundert endete diese Tradition und man ging dazu über, beide Phasen und der Chuppa abzuhalten. Eine der Gründe hierfür ist die Armut, die in den jüdischen Gemeinden vorherrschte. Die Leute konnten sich zwei Feiern einfach nicht mehr leisten.

Die Seelen der Seelenverwandten

Die zwei Phasen der Heirat ist mehr als eine technische Feinheit des jüdischen Rechts – sie bringen die Einzigartigkeit der jüdischen Hochzeit zum Ausdruck. Die Hochzeit ist mehr als wenn zwei Leute sich dazu entschließen, ihr Leben miteinander zu verbringen, es ist die Fusion ihrer Seelen – oder, um genauer zu sein, der zwei Hälften einer Seele, die getrennt wurde als sie vom Himmel heraus in die Körper eines Mannes und einer Frau katapultiert wurden.

Während der Kidduschinphase wird das Paar verheiratet, allerdings mit einem kleinen Vorbehalt: sie können ihre Vereinigung nicht körperlich zum Ausdruck bringen. Also durch die Abwesenheit jeglicher praktikabler Verbindung: was verbindet die beiden? Ihre Seelenverbindung. Erst nachdem sich die Seelenverbindung während der Kidduschin gefestigt hat, kann das Paar mit den Nisu’in fortfahren – der körperliche Aspekt ihrer Beziehung.

Falls die Ehe mit der Nisu’in beginnen würde, könnte der körperliche Aspekt die geistige Verbindung permanent überschattenFalls die Ehe mit der Nisu’in beginnen würde, könnte der körperliche Aspekt die geistige Verbindung permanent überschatten und in einer Ehe münden, dessen Prioritäten verschoben sind.

G-tt und uns

All das, was wir in diesem frühen Bereich erfahren, ist lediglich eine Reflektion einer höheren spirituellen Wahrheit. Die Hochzeit von Mann und Frau folgt dem Modell einer kosmischen Heirat – zwischen G-tt, dem Bräutigam und Israel, Seiner geliebten Braut. Auch diese Hochzeit besteht aus zwei Phasen:

Kidduschin:

G-tt stieg herab auf den Berg Sinai und gab uns dort die Tora mit seinen Geboten. Er nahm Seinen wertvollsten und wichtigsten Besitz, die Tora, und nutzte diese als Hochzeitsbund an Seinem Hochzeitstag. Von diesem Moment an sind wir Seins und Er ist unserer. Nichts kann dies jemals ändern. Diese Vereinigung wurde allerdings noch nicht vollzogen, hierfür bedarf es der ...

Nisu’in

Der Jude, der die Tora studiert oder ein g-ttliches Gebot erfüllt, vereint sich mit G-tt und schafft die vollkommenste Vereinigung, die möglich ist.

Tiefergehend betrachtet, ist die Gabe der Tora eine lange Verlobung. Wir fühlen uns mit G-tt verbunden und Er Sich mit uns, aber diese Hochzeit wurde nie in vollstem Glanz zum Ausdruck gebracht. Die messianische Zeit wird die Nisu’in herbeiführen, weil dann unsere Beziehung fühlbar und für jeden ersichtlich sein wird.