Die Haftara (1. Könige, Kap. 18) zur dieswöchigen Sidra schildert den Widerstand, welchen der Prophet Elija in einer schlimmen Periode der jüdischen Geschichte gegen den vorherrschenden "Zeitgeist" leistete. Es waren Zustände, die – wie so oft – auf eine tiefe geistige Verwirrung und ideologische Unklarheit zurückzuführen waren. So denn versammelte er die Propheten des Götzen Baal und das Volk und fragte sie: "Wie lange noch wollt ihr zwischen zwei Ansichten schwanken?" (Vers 21).
Die Frage drängt sich auf, warum er seine Herausforderung in dieser Form zum Ausdruck brachte. Er hätte doch sagen können: "Wie lange wollt ihr dem Baal dienen? Die Zeit ist gekommen, um haltzumachen und zu sagen (Vers 39): 'Der Ewige, Er ist G-tt.'"
Um Elijas genaue Absicht zu verstehen, müssen wir den Unterschied zwischen Götzenkult und Wankelmut genau herausstellen. In der Tat ist es kaum zu begreifen, wie ein Jude jemals zu einem Götzendiener werden könnte. Juden werden doch "Gläubige, Kinder von Gläubigen" genannt; es liegt nicht in ihrer Natur, uneingeschränkt Götzendiener zu sein. Maimonides ("Jad", Hilchot Akkum 1, 1) erklärt den Ursprung des Götzenkultes damit, dass die schöpferische Kraft, durch die G-tt die Welt aufrechterhält, in den Naturkräften ihren Ausdruck findet; das sind die Planeten und die Fixsterne. Götzendienst fängt dort an, wo diese "Vermittler" als etwas Selbständiges verehrt und angebetet werden, als seien sie die Herrscher über menschliche Geschicke, während sie an sich überhaupt keine Autonomie besitzen, sondern lediglich Instrumente G-ttes sind. Die chassidische Philosophie befasst sich mit dem Unterschied zwischen Eltern einerseits und den Planeten andererseits. Von beiden scheint unsere Existenz abzuhängen; und doch ist uns geboten, Vater und Mutter zu ehren, während man die Sterne auf keinen Fall verehren darf.
Der Unterschied liegt darin, dass Vater und Mutter mit Willensfreiheit ausgestattet sind. So ziehen sie die Kinder groß, sind für diese verantwortlich und müssen daher geachtet werden. Die Planetenbahnen dagegen sind vorausbestimmt; die Planeten haben keine Wahl. Unser Dank gebührt nicht ihnen, sondern Ihm, der sie geschaffen und in Bewegung gesetzt hat.
Götzendienst bedeutet daher, dass man fälschlicherweise den "Vermittlers" als die "Quelle" ansieht. Es ist eine sehr schwere Sünde, so dass der Talmud (Nedarim 25a) sagen kann: "Götzendienst ist eine so schwere Sünde, dass jeder, der ihn ablehnt, sich dadurch schon (gleichsam) zur ganzen Tora bekannt hat." Götzendienst findet seinen psychologischen Ursprung darin, dass man fälschlicherweise glaubt, man könne durch die Verehrung von Naturkräften materielle Vorteile gewinnen. Bei Götzendienst gibt es also immer einen Hintergedanken; nichts wird um seiner selbst willen getan. G-tt hingegen wird gedient ("Sprüche der Väter" 1 ,3), "nicht um dafür einen Lohn zu erhalten". Eben diese Sucht nach materiellem Gewinn war auch die Grundlage des damaligen Baal-Kultes.
Hier nun ist sofort der Unterschied zwischen Götzenkult – als einem sicheren Glauben an den "Vermittlern" – und Wankelmut zu erkennen. Der Wankelmütige ist sich nicht sicher; er hat Zweifel. Manchmal überkommt ihn das unbehagliche Gefühl, dass der Götzendienst doch auf einer Illusion beruht. Oder er glaubt vielleicht, G-tt und die Naturkräfte seien Partner, er glaubt sozusagen an beide.
Aus zwei Gründen ist Wankelmut noch schlimmer als absoluter Götzendienst; und damit verstehen wir, wieso Elija auf die Unentschlossenheit mehr Gewicht legte. Einmal ist es so, dass ein wirklicher Götzendiener, wenn er seinen Fehler einsehen sollte und sagen kann: "Der Ewige, Er ist G-tt", das ganze Ausmaß seiner Sünde ermessen und vollkommene Reue empfinden kann. Der Wankelmütige kann das nicht; er versucht sich noch zu rechtfertigen. Er sagt: "Ich habe ja gar nichts abgeleugnet, ich war nur im Zweifel; und mein Zweifel war auch nur ein oberflächlicher." Seine vorgebrachten Entschuldigungen klammern eine wahre Reue aus, und seine Rückkehr zum Glauben ist unvollständig.
Zweitens kann sich der frühere Götzendiener, wie die Dinge liegen, trotz seiner gewaltigen Fehleinstellung wieder vergeistigen; der Wankelmütige aber kann die materiellen Gesichtspunkte nicht loswerden und kehrt daher aus falschen Gründen ins Judentum zurück. Ihm wird weiterhin hauptsächlich an den materiellen Vorteilen gelegen sein.
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