Es ist in der dieswöchigen Sidra, dass den Israeliten erstmalig das Gebot gegeben wird, den Schabbat zu beobachten und einzuhalten (Exodus 16, 23 und 26). Unser Kalender kennt zwei sich ähnelnde religiöse Einrichtungen, die das gleiche Muster aufweisen. Die eine ist diejenige, die in unserer Sidra aufgeführt ist, nämlich der Schabbat, als siebenter Tag, der auf die Werktage der Woche folgt; die zweite Einrichtung ist diejenige des siebenten Jahres, oder Schabbat-Jahres, Schmitta, welches auf die sechs Jahre von Bodenbearbeitung folgt.

Eine der hauptsächlichen Lehren, wie sie für die Schmitta gelten, lässt sich aus der Anordnung und Reihenfolge der betreffenden Verse entnehmen, mit denen die Tora für diese Einrichtung ihre Definition gibt. Die Verse lauten so (Lev. 25, 2-3):

Erstens: "Wenn ihr in das Land kommt ...", soll die Erde eine Schabbat-Ruhe für G-tt haben."

Zweitens: "Sechs Jahre sollst du sein Feld besäen (usw.) ..."

Hier scheint – so könnte man beim ersten Hinblick annehmen – die Reihenfolge umgedreht worden zu sein; denn es ist doch eigentlich so, dass die sechs Jahre der Feldarbeit vor das Schmitta-Jahr fallen, und nicht umgekehrt. Daher sollte doch die Tora zuerst die sechs Jahre von Pflanzen und Anbau erwähnen und danach erst das Jahr der Ruhe anordnen. – Die Antwort auf diesen Einwand ist jedoch, dass die Anordnung der Verse, wie oben zitiert, absichtlich und vorsätzlich so gehalten ist, um damit sehr spezifisch diese anzudeuten: Ziel und Zweck eines "Schabbat für G-tt" muss bekannt und anerkannt sein, ehe man sich an die sechs Jahre des Anbaues macht.

Wenn man "in ein Land kommt" und sich daran macht, seinen Lebensstil festzulegen (und darin enthalten ist "die Bearbeitung des Bodens", das heißt, dass man sich durchaus auch mit materiellen Angelegenheiten abgibt), dann muss der erste und oberste Gedanke, dessen der Mensch sich bewusst ist, und der ihm Leitfaden bleiben muss, dieser sein: Der Endzweck von alledem ist "Schabbat" – nicht die erdgebundenen und materiellen Interessen, sondern die geistigen, geheiligten Dinge. Dadurch nur kann man sich die Versicherung beschaffen, dass man nicht völlig in den materiellen und weltlichen Aspekten des Lebens aufgehen und daher untergehen wird. Hinzu kommt, dass man dadurch, dass man sich der schließlichen vergeistigten Zwecke und Aufgaben immer bewusst bleibt, die sechs oft eintönigen Arbeitsjahre umformen und sie zu zweckbestimmten, zielbewussten Jahren machen kann, und dadurch verlieren sie sofort viel von ihrer Eintönigkeit, sie werden, in sich selbst, schon mehr bedeutsam und so auch selbst veredelt.

Ähnliches lässt sich über den Schabbat als siebenten Tag der Woche sagen: Wenn wir die ganze Woche hindurch uns das Endziel von Schabbat vor Augen halten, dann werden damit die sechs Arbeitstage veredelt und auf ein höheres Niveau gesetzt. Und wenn man eine auf diese Weise "erhöhte" Woche durchlebt, dann wird dadurch die Einhaltung des Schabbat selber gleichfalls "erhöht". Das heißt, dass man nicht nur sich genauestens an all die Schabbat-Gesetze hält, an das, was man tun, und an, das, was man nicht tun darf – das steht erst gar nicht in Frage. Sofern schafft man für sich, insgesamt, eine dem Schabbat gemäße Gemütsverfassung.

Dann sieht man im Besuch der Synagoge nicht mehr eine bloße bequeme Gelegenheit, um zu einem Platz zu gehen, an dem man zu geschäftlichen Zwecken zusammenkommen kann, oder als einen Klub für ein geselliges Zusammentreffen; und auch benutzt man dann nicht die Freiheit dieses heiligen Tages, um die nettesten Börsenberichte zu studieren und zu analysieren!

Nein – der innere Frieden und die ruhige Bedächtigkeit von besonnenen Gebeten und wahrer Schabbatruhe für sich selbst sowie für die ganze Familie: diese sind es, die allein über unseren "Schabbat für G-tt" herrschen und ihn bestimmen.