Ein Höhepunkt der dieswöchigen Sidra ist zweifellos die dramatische Schilderung der Spaltung des Schilfmeeres; und dabei werden dann zwei Gesänge zitiert, das Lied Moses' mit den Männern und das Lied Miriams mit den Frauen. Nachdem das Meer in seinen ursprünglichen Zustand zurückgekehrt war und die Ägypter darin untergegangen waren: "Da sang Moses und die Kinder Israels dieses Lied dem Ewigen ..." (Exodus 15, 1). Danach erst, als Moses' Lobgesang sein Ende gefunden hatte: "Da nahm Miriam, die Prophetin, Aarons Schwester, die Pauke in ihre Hand, und alle Frauen zogen hinter ihr her ... und Miriam antwortete ihnen: Singet dem Ewigen ..." (a.a.O. Vers 20).
Was nun die Haftara, die wöchentliche Vorlesung aus nach (den Bibelteilen nach Moses), betrifft, so wurde diese jeweils nach Gesichtspunkten ausgewählt, die eine gewisse Übereinstimmung ihres Inhaltes mit dem Inhalt des betreffenden Wochenabschnittes voraussetzen. Für unsere Sidra Beschalach boten sich zwei Abschnitte in nach an, die beide gleich geeignet sind, um als Haftara auf die Vorlesung von Moses' Lied und Miriams Lied zu folgen.
Einmal wäre dies das Lied Davids (II Samuel, Kap. 22), also eines Mannes, und zum zweiten ist es der Gesang der Richterin und Prophetin Dwora (Richter, Kap. 4 und 5), einer Frau. Wie wir alle wissen, ist es der Gesang der Dwora, der als Haftara für den heutigen Wochenabschnitt bestimmt worden ist. Damit wird eine deutliche Betonung auf die Tatsache gelegt, dass es gewisse Bereiche und Pflichten im jüdischen Leben gibt, bei denen der jüdischen Frau eine entscheidende Rolle, Aufgabe oder Verantwortung zukommt. Einer dieser Bereiche ist das Heimleben; und das bedeutet, dass sie dem Heim in einer Weise vorzustehen hat, dass dadurch der Zustand eines jüdischen Heimes gewährleistet ist, im vollsten Sinne dieses Begriffes. Das ist ein Heim, welches von dem Licht von Tora und Mizwot durchdrungen ist.
Wenn wir die geschichtlichen Hintergründe der Gesänge von Moses, Miriam und Dwora untersuchen, dann stellt sich ein interessanter und bedeutsamer Unterschied heraus: Unsere Sidra spricht von einer Zelt, da die Israeliten unterwegs in der Wüste waren, auf dem Wege in das Land Israel, also um erst ein Heim für sich zu gewinnen. Die Haftara dagegen bezieht sich auf Vorfälle, die sich zutrugen, als die Israeliten längst schon im Lande waren und sich dann die Notwendigkeit ergab, das bestehende "jüdische Heim" zu verteidigen und zu erhalten. Hier nun ist Dwora die Führerpersönlichkeit; Barak, der Heerführer, kommt an zweiter Stelle; er steht ihr an Bedeutung nach.
Und so ist es in jeder Generation. Wenn es den grundsätzlichen Charakter des jüdischen Hauses zu erhalten gilt, wenn es zu stützen und zu verteidigen ist, dann ist es die Frau, "Grundpfeiler des Hauses", die den Weg weist.
Die hiermit angezeigte Wichtigkeit der jüdischen Erziehung wie sie in hervorragender Weise der Frau überantwortet ist, lässt sich zudem noch aus einer weiteren Tatsache ableiten, die in den augenblicklichen Wochenabschnitten ihren klaren Niederschlag findet: Wie war es möglich, dass die Israeliten, nach 210 Jahren von Versklavung in einer fremden Umgebung aus Ägypten als Ruben, Schimon, Levi usw. auszogen – und nicht als "Ramses" oder "Potiphar"? Sie waren mit ihren hebräischen Namen nach Ägypten gekommen (s. Exodus 1, 1), und sie haben sich nicht assimiliert. Ihre Kinder bleiben die Kinder Israels, und in diesem Wort "Israel" sind die Anfangsbuchstaben der Stammväter und Stammmütter enthalten: Jizchak und Jakob; Sara; Riwka und Rachel; Abraham; Lea. Auch heute müssen sie mit Stolz an ihren jüdischen Namen festhalten, um stets als solche identifiziert werden zu können, wenn sie eine gute und richtige jüdische Erziehung genießen, fest auf Tora gegründet, ohne Verwässerung und Kompromiss. Mit ihrer Zukunft so gewährleistet, wird unsere Jugend dann weiterhin die Namen tragen: Ruben, Schimon, Levi ...
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