In diesem Wochenabschnitt Wajelech lesen wir über das Gebot von „Hakhel“ – „Die große Versammlung“. Einmal in sieben Jahren versammelten sich alle jüdische Menschen, Männer, Frauen, und Kinder, um vom Munde des Königs eine Rezitation einige bedeutsamer Abschnitte der Tora zu vernehmen. Um die große Bedeutung dieses Ereignisses zu erfassen, wollen wir uns eine merkwürdige Aussage einer Tosefta (eine rabbinische Schrift) ansehen.

Die Tosetra erzählt, dass die Kohanim (die Priester) bei allen Toren und Öffnungen mit Trompeten bliesen, um das Volk dazu aufzurufen, an der Versammlung teilzunehmen. So sehr wurde dieser Aufruf mit dem Priestertum in Verbindung gebracht, dass die Leute über einen Priester, der sich dabei nicht beteiligte, munkelten, es sei fast so, als sei dieser Mann kein Kohen (Priester).

Dies scheint nun doch ein bisschen merkwürdig: Die Hauptaufgabe der Priester bestand sicher darin, im Heiligtum die vorgeschriebenen Arbeiten zu leisten. Vielleicht hatten sie freiwillig die zusätzliche Aufgabe auf sich genommen, die Leute zur großen Versammlung einzuladen. Doch wie kann man von einem Kohen, der nicht bereit ist, diese zusätzliche Aufgabe auf sich zu nehmen, behaupten, es sei als ob er kein Kohen sei?

Um dies zu verstehen, müssen wir eine spezifische Aufgabe der Kohanim im Heiligtum betrachten: Das Darbringen des Ketoret (Räucherwerks). Dieser G-ttesdienst war so gross und wichtig in den Augen der Priester, dass nie jemand zweimal diese Aufgabe erhielt; jeder sollte eine Chance erhalten. Was war der Zweck dieses Räucherns wohlriechender Kräuter?

Maimonides schreibt, dass sie verwendet wurden, um üble Gerüche im Heiligtum zu verwischen. Doch diese Erklärung befriedigt nicht ganz: Wenn dies der einzige Zweck war, warum hatte das Ketoret dann einen so hohen Stellenwert in den Augen der Kohanim?

Wir müssen sagen, dass in den Worten Maimonides mehr liegt, als uns oberflächlich erscheint: Das Ketoret sollte nicht nur physische üble Gerüche verwischen, sondern eher solche geistiger Natur. Als einziger G-ttesdienst im Heiligtum wurden bei der Herstellung des Räucherwerks auch für den Menschen verbotene Zutaten verwendet. Dies symbolisiert, dass mit dem Räucherwerk auch die Seelen der Sünder zurück zur Liebe zu G-tt erweckt wurden. Dadurch dass sie Tschuwa machten, wurde der „üble Geruch“ ihrer Sünden verwischt.

Auch der Zweck des Hakhel, dieser großen Volksversammlung einmal in sieben Jahren war, alle Juden, Männer, Frauen und Kinder wieder in ihrem Glauben und in ihrer G-ttesfurcht zu bestärken. Deshalb waren die Kohanim damit beschäftigt, sie dazu anzuspornen, an diesem Event teilzunehmen.

Schliesslich ist es die Hauptaufgabe der Priester, nicht Tiere, sondern Menschen G-tt näher zu bringen. Ein Kohen, der sich dieser (wenn auch freiwilligen) Arbeit versagt, scheint den wahren Sinn des Priestertums vergessen zu haben.