Der Saadia Gaon schreibt, dass Nizawim und Wajelech tatsächlich eine zusammengehörige Parascha bilden und nur im Ausnahmefall als separate Wochenabschnitte gelesen werden - ganz im Unterschied zu anderen Doppelparschiot, die in der Regel zwei völlig eigene Wochenabschnitte bilden. Doch selbst wenn Nizawim und Wajelech getrennt voneinander gelesen werden, können wir immer noch eine Lehre dem gemeinsamen Abschnitt Nizawim-Wajelech entnehmen.
Auf den ersten Blick scheinen die Begriffe Nizawim und Wajelech zwei nicht miteinander vereinbare Gegensätze zu reflektieren. Nizawim bedeutet soviel wie, 'stramm bzw. aufrecht stehend', ganz so wie ein Pfeiler. Wajelech kann hingegen mit 'und er ging' übersetzt werden. Was ist also die Lehre, die wir aus der Kombination dieser offensichtlichen Widersprüche entnehmen können?
Stramm bzw. aufrecht zu stehen bedeutet Stabilität, Zuverlässigkeit und Stärke. Beispielsweise sitzt ein König fest auf seinem Thron; wer ihn sehen möchte, muss sich von weitem her zu ihm begeben. Gehen hingegen repräsentiert Wachstum und Fortschritt.
Daher reflektiert die Kombination aus 'stramm stehen' und 'gehen' die Fähigkeit zu wachsen und sich weiter zu entwickeln, ohne dabei seine ursprüngliche Stabilität und Stärke in Frage zu stellen bzw. diese zu gefährden.
Wenn beispielsweise eine Person in ihrem Tora-Wissen wächst, besteht oft die Gefahr, dass diese Person durch den hiermit verbundenen intellektuellen Reiz ihren ursprünglich einfachen aber felsenfesten Glauben einbüßt. Die Lehre aus Nizawim-Wajelech ist es hingegen, dass jede Person ihre ursprüngliche Stärke, verankert in einem einfachen Glauben, unter allen Umständen bewahren muss, auch und gerade dann, wenn der eigene Verstand einem vorauseilt. Aufgrund dieser Basis ist ein sicheres Wachstum in der Tora erst möglich.
(Basierend auf Likute Sichot, Band 19)
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