Die dieswöchentliche Sidra Wajechi beginnt mit den Worten: "Und Jakob lebte im Lande Ägypten siebzehn Jahre lang" (Genesis 47, 28). Nach einer Erklärung dieses Verses (Baal Haturim z. St.; siehe auch Hajom Jom, S. 12) waren dies die besten und befriedigendsten Jahre in Jakobs Leben, denn während dieser Zeit gründete er Jeschiwot in Ägypten und flösste damit der vererbten Lebensweise dieses Landes ein Maß von Veredlung und Heiligung ein; und er erzielte all dieses, ohne gleichzeitig seine eigenen Ansichten oder seine persönliche Lebensführung aufzugeben, einzuschränken oder zu verwässern: Er gab assimilatorischen Einflüssen nicht nach.
Die Weisen der Mischna mahnen: "Sei einer der Schüler Aarons, den Frieden liebend, dem Frieden nachjagend, die Geschöpfe liebend und sie zur Tora heranziehend" (Awot 1, 12). Die Mischna bedient sich hier nicht des Ausdrucks "Menschen" sondern "Brijot" (Geschöpfe) – womit sie darlegen will (siehe Tanja, Kap. 32), dass wir selbst denen Liebe erweisen sollen, die scheinbar keinerlei positive Eigenschaften besitzen, außer der einen, dass sie von G-tt geschaffen worden sind und zu G-ttes Geschöpfen gehören!
Anhänger des "Alten Rebben" pflegten zu sagen: "Sogar die Reihenfolge, die Anordnung der Gesetze der Tora ist von großer Bedeutung und vermag uns sehr viel zu lehren." Die erste Mizwa in der Tora ist G-ttes Anweisung an Adam: "Seid fruchtbar und vermehrt euch" (Genesis 1, 28). Das erste Gebot in der Tora und somit das grundlegende Prinzip im Leben eines Juden ist dieses: Ein Jude muss einen anderen zu schaffen trachten, im spirituellen wie im physischen Sinne. Das heißt, jeder Jude muss seinen Nebenmenschen in wahrer Zuneigung und Freundschaft heranziehen, damit er der Tora näher gebracht wird, bis er schließlich aus seinem Nächsten einen besseren Juden macht – womit er gewissermaßen einen anderen Juden "schafft".
Hingegen müssen wir immer im Auge behalten, dass die zitierte Mischna sagt: "... sie zur Tora heranziehend". Damit besagt sie: Wir müssen sie der Tora näher führen, nicht umgekehrt, dass wir G-tt behüte die Tora "ihnen näher bringen", indem wir ihre Gesetze und Gebräuche verdünnen und verwässern.
Manche sind der Meinung: Um Juden mehr an ihre Religion zu binden, sei es erforderlich, die Tora auf ihr Niveau herunter zu bringen. Wenn wir nur zum Beispiel – so geben sie vor – einige der Gesetze erleichtern würden, die den G-ttesdienst in der Synagoge betreffen, dann würden viel mehr Leute den G-ttesdiensten beiwohnen und dadurch dem Judentum näher gebracht werden. Dieses Argument ist jedoch völlig verfehlt. Denn gerade der hauptsächliche Umstand, auf den bei manchen Gliedern unseres Volkes die derzeitige Entfremdung von Jüdischkeit (Tora-Judentum) zurückzuführen ist, war doch eben jener: dass vorher die dauerhaften, ewig gültigen Ideale der Tora verwässert worden waren. Daraus folgt, dass jeder weitere Kompromiss nicht nur das Feuer der Assimilation nicht auslöscht, sondern im Gegenteil die Flammen weiter anfacht!
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