Ein wichtiges Thema in der dieswöchigen Sidra ist die Volkszählung der Israeliten. In Hinsicht auf dieses Zählen waren sie alle gleichwertig, der bedeutendste unter ihnen war nicht mehr als „Eins“ und der einfachste nicht weniger als „Eins“.
Eine Volkszählung war auch schon der Entgegennahme der Tora vorangegangen und war in der Tat eine Vorbereitung darauf. Wie unsere Weisen in der Mechilta betonen: Hätte auch nur einer von den 600.000 männlichen Erwachsenen damals gefehlt, dann wäre die Tora nicht gegeben worden, nicht einmal an Moses selber.
Dennoch wurden, obwohl alle gleichwertig waren, nur diejenigen Israeliten gezählt, die über 20 Jahre alt waren. Ein anderes Prinzip indessen ging bei den Leviten an; denn die Mitglieder des Stammes Levi, ihrerseits, wurden vom Alter eines Monates an gezählt, die jüngsten gleichwertig mit den ältesten. Nach einer Ansicht wurde auch Aaron selbst in die Zählung mit eingeschlossen.
Die Aufgabe der Leviten bestand darin, im Heiligtum Dienst zu leisten – als ein Dienst für G-tt. Maimonides bemerkt, dass jemand, der sich freudig bereit zeigt, G-tt zu dienen, mit den Leviten vergleichbar ist. Daraus folgt dieses: Unter Juden, die sich mit Hingebung dem Dienste G-ttes widmen – und das heißt, dass dies nicht allein Gebet und Torastudium betrifft sondern alle persönlichen Angelegenheiten und Interessen einschließt –, gibt es keinerlei Unterschiede; ein Kind im Alter von einem Monat ist so viel wert wie der größte Mensch.
Aus diesem Grunde sind Schüler, die in Wahrheit und Reinheit dazu erzogen werden, G-tt in allen Dingen zu dienen – wie es heißt (Sprüche Salomons 3:6): „Erkenne Ihn in all deinen Wegen“ –, mit dem Stamme Levi zu vergleichen, bei dem ja auch überhaupt kein Unterschied mehr bestand, sobald ein Kind einen Monat als war.
Über die Leviten sagt G-tt in der Tora aus (Numeri 8:16): „Sie sind Mir übergeben, aus der Mitte der Kinder Israel.“ Die Leviten waren also die Abgesandten von ganz Israel. Wo dann noch die Tora sagt (Deut. 10:8): „Und G-tt sonderte den Stamm Levi ab“, heißt das nicht, dass die Leviten von den übrigen Israeliten vollständig getrennt waren und in keiner weiteren Verbindung mit ihnen standen, sondern, dass es nur ihr Dienst an G-tt war, der als solcher (gleichsam) ihre „Absonderung“ vollzog. Tatsächlich war ihr Dienst für alle Juden gleich erheblich.
Etwas Ähnliches hatte sich schon bei der Offenbarung am Sinai herausgestellt: Dort waren es erst einmal die Kinder, die die Offenbarung (die dann alle anging) erwirkten, denn wie der Midrasch besagt, bestimmten die Israeliten allein ihre Kinder als Garantoren für die Entgegennahme der Tora.
Daraus ergibt sich unmittelbar, wie wichtig eine gute und fundierte jüdische Erziehung ist. Denn eben diese Kindererziehung hat eine direkte Auswirkung auf das Wohlergehen der ganzen jüdischen Gemeinschaft.
Besonders in den augenblicklichen Tagen ist dies für uns richtungsweisend, nachdem wir in Kürze das Schawuot-Fest feiern, in Erinnerung an die Entgegennahme der Tora. Für dieses Ereignis ist der heutige Schabbat, an dem wir in der Synagoge den neuen Monat ankündigen, Einleitung und Vorbereitung. Wir müssen dabei den „Schüler“ in uns selbst ebenso aufwecken wie die Schulkinder, denen wir, den Worten des „Schma“ entsprechend, die Tora „fleißig einschärfen“ sollen. Erst dadurch wird schließlich das jüdische Volk zu einer Einheit, genauso wie die Israeliten am Fuße des Sinai geeint standen (siehe Raschi zu Exodus 19:2), um die Eine Tora von dem Einen G-tt entgegenzunehmen.
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