Die Monate Tischrej und Nissan deuten zwei Wege der Annährung zu G-tt an:
Tischrej ist der Monat der Tschuwa. Der Mensch muss innerlich erwachen und seine Wege bessern. Nur dadurch erhält er ein gutes Urteil und alle Segen zum neuen Jahr. Diesen Weg nennt die Mystik „Itaruta Dele-tata“ – das Erwachen von unten, sprich, vom Menschen, worauf das „obere Erwachen“ folgt, sprich, G-tt ist willig dem Menschen alle Segen zu bescheren.
Der Monat Nissan hingegen ist die Zeit von Wundern. Deshalb haben „Nissan“ und „Nes“ (Wunder) denselben Wortstamm. Wir feiern den Auszug aus Ägypten, der von zahlreichen Wundern begleitet wurde. Das jüdische Volk hatte nicht genug Rechte, um erlöst zu werden. Die Erlösung kam durch ein oberes Erwachen von G-tt. Darüber sagen wir in der Hagada: „Der König der Könige offenbarte sich ihnen und erlöste sie.“1 Diesen Weg nennt die Mystik „Itaruta Dele-ela“2 – das Erwachen von oben, sprich von G-tt, das dem Menschen die Kraft gibt, unten zu erwachen.
„Mann“ und „Frau“
Eine Andeutung auf diese zwei Wege finden wir auch zu Beginn unseres Wochenabschnitts: Sobald eine Frau Samen bringt und einen Jungen gebärt.3 Darauf erklären unsere Meister: „Wenn der Mann zuerst den Samen bringt, wird ein Mädchen geboren; wenn die Frau zuerst den Samen bringt, wird ein Junge geboren.“4
Mann und Frau stehen symbolisch für das Verhältnis zwischen „Geber“ und „Nehmer“.5 Der Mann ist der „Geber“ und steht für G-tt, Der jedem gibt. Die Frau hingegen ist der „Nehmer“ und steht für das jüdische Volk. Weiters symbolisiert der „Mann“ Stärke, Festigkeit und Macht, während die „Frau“ Schwäche und Unbeständigkeit symbolisiert.
Aus eigenen Kräften
Anhand dessen erklärt die Lehre der Chassidut die obengenannte Aussage unserer Meister wie folgt:6 „Wenn der Mann zuerst den Samen bringt“ – wenn es zuerst ein oberes Erwachen (von G-tt) gibt, „wird ein Mädchen geboren“ – ist das Resultat „weiblich“, schwach und unbeständig. Das heißt: Sollte der Mensch z.B. durch himmlische Zeichen oder Wunder aufgerüttelt worden sein, ist dieses seelische Erwachen schwach, nicht stark genug und auf Dauer unbeständig.
Doch „wenn die Frau den Samen bringt“ – wenn es zuerst ein unteres Erwachen (vom Juden) gibt, „wird ein Junge geboren“ – ist das Resultat „männlich“, stark und fest. Das heißt: Sobald der Jude aus eigenen Kräften erwacht, indem er sich im Gebet und Thorastudium vertieft und nach einer Annährung zu G-tt strebt, bleibt sein Erwachen beständig und wird sogar stärker und gefestigt.
Tischrej oder Nissan?
Deshalb führt die Mischna die Meinung an, dass die vollkommene Erlösung im Tischrej stattfinden wird, dem Monat des inneren Erwachens. Denn damit die Erlösung absolut und beständig sein kann, bedarf es eines inneren Erwachens des jüdischen Volkes beim G-ttesdienst, aus eigenen Kräften und nicht durch ein oberes Erwachen. Das deutet der Tischrej an.
Doch schließlich legt der Talmud fest, „dass sie im Nissan erlöst wurden und im Nissan erlöst werden.“7 Denn über die vollkommene Erlösung heißt es: Von Zion wird gesagt – ein Mann und noch ein Mann wird darin geboren.8 Obwohl die Erlösung durch die Kraft des oberen Erwachens kommen wird (im Nissan), wird sie „männlich“ sein, absolut und beständig – „ein Mann wird darin geboren“.
Diese Kombination zwischen „oben“ und „unten“ macht die Erlösung vollkommen. Einerseits kommt sie durch oberes Erwachen, doch andererseits wird sie alle Besonderheiten, welche man sich durch ein unteres Erwachen aneignet, haben. Sie kommt von der Kraft des „Mannes“, G-tt – der Mensch hätte nie die Fähigkeit dazu, aus eigener Kraft eine solch absolute Erlösung zu bringen. Und sie hat die Kraft des „Mannes“ zum Resultat – Sie bleibt stark und beständig und keine Galut wird ihr mehr folgen.
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 231)
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