XV. Der heilige Or haChajim1 stellt fest, dass der Vers „Eine Frau, die empfangen und einen Knaben geboren hat“ auch auf die Knesset Jisrael (die Gemeinschaft Israels) anspielt, die als Ischa (Frau; Ehefrau) bezeichnet wird, wie es geschrieben steht: „Denn dein Schöpfer ist dein Ehemann.“2 Wenn Juden also Mizwot und gute Taten säen – wie es heißt: „Säet für euch selbst zu Gerechtigkeit“3 – verspricht die Tora, dass „sie einen Knaben gebären wird“4, d. h., den Aspekt von Sachar (männlich), der dem von Nekewa (weiblich) überlegen ist. Außerdem impliziert die Formulierung „und geboren hat“, dass sie mit Sicherheit gebären wird,5 was auf die zukünftige Erlösung hinweist, die auf der Ebene von Sachar stattfinden wird. Er fährt fort, den Vorteil der zukünftigen Erlösung gegenüber der Erlösung aus Ägypten zu erklären: Die Erlösung aus Ägypten hatte keinen Bestand, da ihr letztlich eine Galut folgte. Die zukünftige Erlösung hingegen wird vollständig sein. Auf sie wird keine Galut folgen, weil die Awoda Israels – „eine Frau, die schwanger geworden ist“ – dazu führen wird, dass die zukünftige Erlösung auf der Ebene von Sachar steht und für immer Bestand hat.
Das ist der Kern seines Kommentars.6 Er scheint eine Parallele zu einer Aussage in der Mechilta7 zu sein, und ebenso im Midrasch8 : „Alle Lieder werden mit der weiblichen Form (Schira) bezeichnet, außer dem Lied der Zukunft, das in der männlichen Form (Schir) ist.“9
XVI. Die etymologische Quelle für den Begriff Ischa (Frau; Ehefrau) ist in dem Vers zu finden: „(Diese soll Ischa genannt werden), weil diese aus Isch (Mann) genommen wurde.“10 Von dem Begriff Isch heißt es: „Isch bedeutet nichts anderes als der Heilige, gesegnet sei Er, wie es heißt11 : ‚Haschem Isch Milchama – Der Ewige ist ein Mann des Krieges.‘“12 Die Knesset Jisrael (die Gemeinschaft Israels) hat ihren Ursprung in Haschem Isch und wird daher als Ischa bezeichnet.
Jeder Name oder Begriff, der sich auf das jüdische Volk bezieht, bezeichnet eine seiner spezifischen Eigenschaften. Ischa bedeutet, dass ihre gesamte Realität in der Tatsache besteht, dass „diese aus Isch genommen wurde.“ Ein Jude kümmert sich im Grunde genommen nicht um materielle oder physische Dinge. Im Innersten seiner Seele kümmert er sich nicht einmal um spirituelle Belohnungen, nicht einmal um die höchsten Stufen der spirituellen Belohnung. Er kümmert sich nur um G-tt.13 Wie bereits im Ma-amar14 erörtert, sind selbst die erhabensten Ebenen in der höchsten Stufe des Gan Eden (Garten Eden) nur ein Abglanz der G-ttlichen Essenz und mit dieser überhaupt nicht vergleichbar.
Gerade wenn man sich auf der Ebene von Ischa befindet, muss man sich mit dem Aspekt von Tasria (Aussaat) befassen. Die Aussaat wird spezifisch in die Erde vorgenommen. Würde man einen Samen nicht in die Erde selbst aussäen, sondern mehr als zehn bzw. weniger als zehn Spannen über dem Boden (in die Luft werfen), oder sogar weniger als drei Spannen vom Boden entfernt (was als lawud – verbunden15 – betrachtet wird), würde nichts daraus sprießen. Die Aussaat muss in die Erde erfolgen, und nur dann wird es ein Wachstum geben.
Auch die Aussaat der Mizwot muss konkret in die Erde erfolgen,16 wie es heißt: „Und Ich will sie für Mich in das Land (die Erde) säen“17 und „Denn ihr werdet ein Land der Wonne sein.“18 All dies ist konkret unten gemeint: nicht höher als zehn Spannen – das Maß, das die umfassenden Fähigkeiten bezeichnet; auch nicht weniger als zehn Spannen – das Maß, das die inneren Fähigkeiten des Intellekts und der emotionalen Attribute bezeichnet; sondern in der konkreten Praxis, in konkreten Taten.
Das Nachdenken über den Sinn und Zweck der Mizwot ist sinnlos, wenn die tatsächliche Praxis fehlt. Dasselbe gilt für die emotionalen Gefühle des Herzens. Denjenigen, die argumentieren, dass „der Barmherzige das Herz begehrt“19 und es völlig ausreicht, ein warmes Herz und einen feinen Verstand zu haben, wird gesagt: „Nein! Es muss eine tatsächliche Praxis geben!“
Die Mizwa der Zedaka (Wohltätigkeit) ist das umfassende Prinzip aller Mizwot.20 Offensichtlich reicht es nicht aus, die Armen zu bemitleiden und Tränen über ihre Lage zu vergießen, während man das Geld in der eigenen Tasche behält. Man muss das Geld tatsächlich an die Armen geben, im wahrsten Sinne des Wortes. So wie bei der Zedaka ist es bei allen Mizwot. Sie müssen physisch praktiziert werden: Zizit aus physischer Wolle; Tefillin aus physischem Pergament und so weiter.
Dies ist also die Bedeutung von „eine Frau, die empfängt.“ Solange man sich auf der Ebene von Ischa befindet, gibt es ein Bedürfnis und eine Forderung für Tasria – Aussaat auf der Erde unten. Man kann in der Tat die Kostbarkeit von Isch spüren, die, wie oben gesagt, allen Manifestationen überlegen ist. Man kann sogar eine Ebene von Kelot haNefesch (verzehrende Sehnsucht oder Verschmachten der Seele) erreichen, wie es bei Nadaw und Awihu der Fall war. Sie waren überragende Heilige, wie es im Midrasch heißt, der von Raschi21 zitiert wird, dass Mosche zu Aaron sagte: „Nun sehe ich, dass diese (Nadaw und Awihu) größer sind als ich und du“; und „Als sie sich G-tt näherten, starben sie“22, d. h., sie befanden sich in einem Zustand von Kelot haNefesch.23 Dennoch sind all diese Vollkommenheiten nicht ausreichend. Es muss Tasria geben, und zwar ganz konkret hier auf Erden.
Wenn man diesem Prinzip folgt, ist man sicher, dass wejaleda sachar, dass man mit Sicherheit „gebären“ wird, und am Ende wird man die zukünftige Erlösung herbeiführen, die, wie gesagt,24 durch den Begriff Sachar gekennzeichnet sein wird.
XVII. Das Konzept von Sachar bezieht sich nicht nur auf die zukünftige Erlösung, sondern auch auf die gegenwärtige Awoda des Menschen. Die gegenwärtige Awoda auf der Ebene von Sachar wird die Erlösung hervorbringen, die durch den Begriff Sachar gekennzeichnet sein wird.
Diese Art von Awoda ist so, wie die Gemara sagt: „Es ist die Natur des Mannes zu unterwerfen.“25 Man muss sich die Welt und alles, was zu ihr gehört, unterwerfen. Das muss man mit Nachdruck tun, mit der vollen Kraft der „Natur des Mannes zu unterwerfen.“ So heißt es ganz am Anfang im Turim und Schulchan Aruch: „Man muss stark sein wie ein Löwe und darf sich nicht von denen, die spötteln, in Verlegenheit bringen lassen.“ Diese Art von Awoda wird die Erlösung herbeiführen.
Auf dieses Prinzip wird auch im folgenden Vers angespielt: „Und am achten Tag soll seine Vorhaut beschnitten werden.“26 Die Awoda auf die Art und Weise von Sachar führt einen zum „achten Tag“: Alle Aspekte des Jezer haRa (böse Neigung), mit all den sieben Namen, mit denen er bezeichnet wird,27 einschließlich des „Unbeschnittenen“, werden zunichte gemacht, und man bewirkt das Prinzip der Mila (Beschneidung), d. h. mal Jud-Hej;28 d. h., man entfernt das Hindernis, das Jud-Hej verbirgt.29 Dieses Hindernis ist die Kelipa von Amalek, denn es wird gesagt, dass der G-ttliche Name nicht vollkommen sein wird, bis der Same von Amalek ausgelöscht ist.30 Dieses Prinzip „Ihr sollt die Vorhaut eures Herzens beschneiden“31 (von Seiten des Menschen) wird bewirken, dass „der Ewige, dein G-tt, dein Herz und das Herz deiner Kinder beschneiden wird“32 mit dem Kommen unseres gerechten Maschiach.33
(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Schabbat Paraschat Schemini 5719)
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