Von den 613 Grundvorschriften im Judentum ist die populärste von allen die Beschneidung. (Fast) alle Juden zu allen Zeiten – wie sehr sie auch von ihrem Judentum entfernt schienen – verzichteten nicht auf die Erfüllung dieses besonderen Gebots. Wie wir noch erfahren werden, nimmt die Beschneidung im Judentum einen besonderen Stellenwert ein. Deshalb hüteten zu allen Zeiten die Juden so sehr dieses Gebot.
Seinen Ursprung findet das Gebot der Beschneidung in unserem Wochenabschnitt, wie es heißt: Und am achten Tag beschneide man das Fleisch seiner Vorhaut.
Tatsächlich aber erfahren wir in der Thora schon lange davor vom Akt der Beschneidung, nämlich als G-tt Awraham gebot seinen Sohn Itzchak zu beschneiden und diesen Bund am Fleische zwischen G-tt und dem Juden an alle Generationen nach ihm weiterzugeben. Dennoch aber vollbringen wir die Beschneidung nicht aus dem Grund weil G-tt es Awraham gebot, sondern wegen des Gebotes in unserem Wochenabschnitt, da uns dieses beim Erhalten der Thora am Sinai verkündet wurde.
Ein besonderes Gebot
Die Besonderheit dieses Gebots, wie es in unserem Wochenabschnitt rezitiert wird, gegenüber dem Gebot an Awraham liegt darin, dass G-tt einem spezifischen Mann erschienen war und ihn damit beauftragte. Aber das Gebot der Beschneidung in unserer Thoralesung ist allgemein geltender Teil der 613 Grundvorschriften, die dem ganzen Volk Israel am Sinai verkündet wurden.
Die Beschneidung gehört neben dem Schabbat und den Tefillin zu den drei Grundbündnissen mit G-tt. Viele Besonderheiten wurden ihr zugeschrieben, wie die folgenden:
Die hauptsächliche Bindung zwischen der g-ttlichen Seele und dem Körper ereignet sich bei der Beschneidung. Davor ist diese Bindung noch nicht vollendet, und nur mittels der Beschneidung kommt es zur vollkommenen Vereinigung. Deshalb ist jedes jüdische Kind, sobald es eine Beschneidung trägt, der kommenden Welt würdig.
Reinigung des Körpers
Rambam zufolge1 führt die Beschneidung zur spirituellen Erhebung des Körpers. Denn sie schwächt die größten Begierden des Menschen und kräftigt ihn sie zu überwinden.
Die Beschneidung ist Symbol des Bundes zwischen G-tt und dem Juden, ein ewiges Zeichen, „eingebrannt“ im Fleische jedes männlichen Juden. Sie drückt die tiefe Bindung zwischen G-tt und dem jüdischen Volk aus. Nicht nur die Seele des Juden ist an G-tt gebunden, sondern selbst sein Körper.
Die Beschneidung ist das einzige Gebot, welches wortwörtlich in jedem Moment erfüllt wird. Der Talmud erzählt2, dass, als König Dawid einst in ein Badehaus ging und sich unbekleidet vorfand, ihn Entsetzen packte: „Schande über mich, nackt ohne Gebote zu sein!“ Doch dann erinnerte er sich an seine Beschneidung und war beruhigt.
Der Körper im Bund
Aber das Bemerkenswerteste an der Beschneidung ist ihre besondere Verbundenheit zum Körper des Juden, denn sie ist Teil von ihm. Alle anderen Gebote haben hauptsächlich mit der Seele zu tun (obwohl der Mensch seine Glieder benutzt um sie zu erfüllen); dieses Gebot trägt der Jude an seinem Körper, und seine Bindung zu G-tt ist selbst an seinem Fleische erkennbar.
Das ist auch der Grund dafür, weshalb die Beschneidung an einem neugeborenen Säugling durchgeführt wird. Denn da sie ein Bund am Fleische ist, also nicht an das Verständnis gebunden, besteht kein Unterschied zwischen einem Erwachsenen oder einem Neugeborenen. Deshalb bringt man den Juden bei der ersten Gelegenheit (am achten Lebenstag) in den ewigen Bund mit G-tt!
(Likutej Sichot, Band 25, Seite 54)
Diskutieren Sie mit