Itzchak und Rivka hatten eine geteilte Elternliebe bezüglich ihrer Söhne. Itzchak liebte mehr seinen erstgeborenen Sohn Esaw, während Rivka mehr Jakow liebte. Vor seinem Tod wollte Itzchak seinem Sohn Esaw den Erstgeborenen-Segen geben, aber schließlich ihn Jakow, in Zusammenarbeit mit seiner Mutter.1

Itzchak, der doch ein Zadik war, wusste sehr wohl, was im Herzen des bösartigen Esaws vorging und dennoch wollte er ihm seinen Segen geben.

Über diese besondere Bindung zwischen Itzchak und Esaw schildert uns der Midrasch. Esaw wollte die Beerdigung Jakows in der Grabstätte der Väter in Hebron verhindern. Chuschim, Jakows Enkel, schlug Esaw den Kopf ab, welcher in das Grab Itzchaks rollte und dort verblieb2 – ein Hinweis dafür, dass das „Haupt“ (Symbol für das wahre Wesen) Esaws eng mit Itzchak verbunden war.

Esaw und Ischmael

Auch Awraham hatte zwei Söhne. Über seinen Erstgeborenen, Ischmael, wissen wir, dass er noch zur Lebzeit seines Vaters auf den richtigen Weg zurückgekehrt war; Esaw hingegen blieb sein Leben lang bösartig.

Dennoch gilt der böse Sohn Itzchaks als „getaufter Jude“ und hatte Teil an der Erbschaft seines Vaters – zum Erbe gab Ich es Esaw,3 während Ischmael, obwohl Tschuwa getan, Nichtjude war und keinen Teil an der Erbschaft Awrahams hatte – Nicht erben wird der Sohn der Magd.4

Es herrscht ein wesentlicher Unterschied zwischen Ischmael und Esaw. Ischmael, in seinem wirklichen (seelischen) Wesen, war niemals mit Awraham verbunden, obwohl er von ihm genetisch abstammte. Esaw aber war auch in seinem seelischen Wesen der Sohn Itzchaks; er galt als jüdisch, auch wenn „getauft“.5 Obwohl er in Sünde fiel und sich von ihr niemals erhob, war sein wahres Wesen ständig mit Itzchak und was er verkörperte, vereint.

Die Abstammung der Proselyten

So erfahren wir in der Schilderung des Midrasch über jenes wahre Wesen von Esaw, dessen Kopf beim Grabe Itzchaks verblieb. Obwohl Esaw dem Bösen verfallen war, gehörte sein „Kopf“, sein ursprüngliches Wesen, zur Heiligkeit Itzchaks. Der „Kopf“ aber auf den unteren „Leib“ (körperliche Triebe) gesetzt, führte zu dem bösen Esaw, für den es keine Hoffnung gab. Aber das ursprüngliche Wesen blieb immer in der Welt der Heiligkeit verwurzelt. Und jenes Wesen befand sich sogar auf den höchsten, geistigen Ebenen (selbst über Jakow), bis die „g-ttlichen Funken“ in ihm im Laufe der Generationen schließlich enthüllt wurden; und zwar durch Esaws Nachkommen, wie Rabbi Onkelus,6 der zum Judentum übergetreten war und Rabbi Meir,7 dessen Vorfahren zum Judentum konvertierten. bzw. Itzchak erkannte in Esaw sein ursprüngliches Wesen. Deshalb wollte er ihn segnen, um ihm Kraft zu geben, sein echtes, verborgenes Wesen zu offenbaren.

Der richtige Blick

Rivka aber wusste, dass dieses Unterfangen nicht möglich war. Esaw konnte nur dann gut sein, wenn sein „Kopf“ von seinem „Körper“ abgetrennt war. Aber wenn die Person Esaws in unserer Welt auftritt – Verbindung von „Kopf und Körper“ – schreckt er die Welt noch mehr, als es der barbarische Ischmael tat (vor seiner Tschuwa)! Nur der Kopf Esaws ist bei Itzchak begraben, aber seine Person auf Erden bleibt für immer der bösartige Esaw!

Die großen Bemühungen Itzchaks, seinen Sohn zu retten, soll uns den Begriff der Nächstenliebe etwas näherbringen. Wenn Itzchak den derartig bösen Esaw so sehr liebte, welcher vor der Volkswerdung Israels am Berg Sinai lebte; liegt es an uns heute umso mehr, jeden Juden zu schätzen, zu ehren und zu lieben! Seinen „Kopf“ – sein wahres Wesen – sollen wir stets vor Augen halten und jenes „wahre Ich“ bei ihm enthüllen!

Und schon alleine die Entschlossenheit, seinen „Nächsten zu lieben wie sich selbst“, führt die endgültige Erlösung herbei; denn so wie der sinnlose Hass uns in die Galut verbannte, so ist es die reine Nächstenliebe, die uns wieder „nach Hause bringt“ – zur vollkommenen Erlösung!

(Likutej Sichot, Band 15, Seite 191)